Kempen In Kempen feiern 30.000 das St. Martins-Fest

Im niederrheinischen Kempen ist das Fest etwas Besonderes. Zum großen Umzug werden 30 000 Besucher erwartet.

Foto: Lübke

Kempen. Vor zwei Jahren hat Franz-Josef „Jüppi“ Trienekens aus Kempen-Ziegelheide es in die „Tagesthemen“ der ARD geschafft. 2013 wollte die Partei Die Linke das St. Martins- kurzerhand in „Sonne, Mond und Sterne“-Fest umbenennen — damit beispielsweise muslimische Kinder kein christliches Ritual aufgedrängt bekommen. Für Trienekens, der seit elf Jahren im niederrheinischen Kempen den St. Martin mimt, ist das damals wie heute ein absurder Vorschlag: „Das Fest hat einen christlichen Hintergrund. Und es ist wichtig, diesen genauso zu bewahren.“

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Vor zwei Jahren hatte sich die ARD den Kempener Darsteller als Beispiel ausgesucht, weil das Martinsfest in der 35 000—Einwohner-Stadt am Niederrhein ein Außergewöhnliches ist. Jahr für Jahr gibt es in der historischen Altstadt gleich zwei Laternenumzüge. Am 9. November folgen rund 1000 Kinder aus den Kindertagesstätten Trienekens durch die Altstadt. Einen Tag später sind es dann rund 4000 Kinder und Jugendliche aus den Grund- und weiterführenden Schulen.

Die Kempener selbst sprechen gerne vom „größten Martinszug Deutschlands“. Das kann der Pressesprecher der Stadt zwar nicht bestätigen. „Der schönste ist es aber allemal“, sagt Christoph Dellmans, der selbst stark in das Fest eingebunden ist. Er freut sich jedes Jahr, wenn St. Martin auf seinem Schimmel den zentralen Marktplatz erreicht hat. Dellmans wartet in der Rolle des „Armen Mannes“ sehnsüchtig auf die Hälfte des wärmenden Mantels des römischen Offiziers.

Dafür bekommt der Bettler den Mantel nach dem Zug der Kleinkinder gleich sechsmal überreicht. „Wir machen das so oft, damit alle Kinder die Szene sehen können“, erklärt der Pressesprecher. Die Kinder würden mit ihren Laternen „nach und nach aufrücken“, um dann einen freien Blick zu haben. Der „große Zug“ am 10. November, den sich jedes Jahr rund 30 000 Besucher ansehen, hat deshalb gar keine „Bettlerszene“. „Da gibt es die Mantelteilung nicht, weil einfach zu viele Kinder dabei sind“, so Dellmans. Wenn jedes der 4000 Kinder etwas sehen soll müsste der Mantel „bestimmt 25-mal geteilt werden“.

Die wichtigsten Elemente des Umzuges sind aber nicht St. Martin, Bettler oder das Feuerwerk an der Burg. Besonders schönmachen den Zug die selbstgebastelten Fackeln der Kinder. Gleich nach den Sommerferien geht die Bastelei in den Schulen los. „Ohne das Engagement der Lehrer und Kinder hätte der Kempener Zug nicht diesen Stellenwert“, sagt Karl-Heinz Hermans. Der 86-Jährige muss es wissen: Der frühere Bürgermeister ist Ehrenbürger Kempens und war 20 Jahre lang Vorsitzender des Martinsvereins. „Die Ideen der Schüler und damit die Vielfalt der Fackeln sind einmalig.“

Das ist übrigens auch der Grund, warum das Denkmal, das im Herzen der Altstadt das bedeutendste Kempener Fest würdigt, nicht St. Martin, sondern Kinder mit Fackeln zeigt. „Das war eine bewusste Entscheidung“, so Hermans. Ein Detail des Denkmals aus dem Jahre 2004 passt übrigens in aktuelle Debatten um religiöse Vielfalt. In einer Laterne des Bronze-Modells sind Halbmond, Davidstern und Kreuz als Zeichen für Islam, Juden- und Christentum abgebildet. „Da waren wir der Zeit schon voraus“, sagt der Ehrenbürger.

Derweil bereitet sich „Jüppi“ Trienekens allmählich auf den kommenden Montag und Dienstag vor. Routine ist die Rolle des Heiligen Mannes für ihn nämlich nicht: „Ich bin jetzt zwar schon mehr als 20 Jahre dabei — zunächst als Herold und später als St. Martin. Es ist aber immer wieder etwas Besonderes.“

Am 10. November wird sich Gärtnermeister Trienekens in seiner Baumschule mit den Herold-Darstellern Georg Funken und Michael Fander treffen. „Dann ziehen wir uns die Kostüme an und begrüßen die Pferde“, berichtet Trienekens. „Sein“ Schimmel — die achtjährige Stute Primel — und die beiden „Braunen“ der Herolde kommen von einem Krefelder Reiterhof. Kurz bevor sich das Trio zu den Tausenden Lichtern und unzähligen strahlenden Kinderaugen in die Altstadt aufmacht, kommt doch etwas Routine auf. „Dann trinken wir immer einen Schnaps zum Mutmachen“, sagt Trienekens. Aber nur ein Gläschen sei es, ansonsten gelte eine eiserne Regel: „Kein Alkohol am Zügel.“