Interview mit Iris Berben: „Leben ist ein fließender Zustand“
Iris Berben spricht in Neviges die Maria-Monologe. Wir fragen, wie sie es mit der Religion hält.
Neviges. Frau Berben, dass Sie am Sonntag die Maria-Monologe in dem modernen Oratorium "Stella Maris" im Nevigeser Mariendom sprechen, wird vermutlich viele erstaunen. Schließlich haben Sie mehrfach berichtet, wie sehr Sie unter Ihrer Schulzeit in einem katholischen Mädchen-Internat gelitten haben.Berben: Aber das streift man ja nicht einfach ab. Die Religion ist etwas, was einen beschäftigt, was einen prägt. Als mir Herr Burggrabe von dem Projekt erzählt hat - wir hatten vorher schon ein anderes über die Stille gemeinsam gemacht -, da war es erst einmal die Faszination, dass jemand in die großen sakralen Bauten gehen möchte und sie nicht als Museumsstücke ansieht, sondern mit dem heutigen Leben besetzt. Und die Maria ist für mich eine Frau von heute: Sie ist die Frau, die Leben gebiert, sie ist die Frau, die allein gelassen wird, sie zieht ihr Kind allein groß - das sind ja alles Parallelen zur heutigen Zeit. Letztlich symbolisiert sie für mich die Frau schlechthin. Dadurch habe ich sehr schnell "Ja" gesagt. Sind Sie gläubig?Berben: Sagen wir so: Ich vermisse manches Mal diesen Kindergott, der mich früher lange sehr gut begleitet hat. Da hast du jemanden, den bittest du, den fragst du, zu dem betest du. Das ist etwas, was mir verloren gegangen ist. Gehen Sie gern in Kirchen?Berben: Ja, heute gehe ich sehr gern in Kirchen. Als junger Mensch, als ich mich von dieser dominanten Erziehung durch die Kirche trennen wollte, hatte ich fast Angst vor Kirchen. Das ist heute vorbei. Sie gehören zu den wenigen Orten, die Ruhe quasi verordnen. Ich finde es sehr wohltuend, in einer Kirche zu sitzen und nachzudenken - nicht einmal unbedingt über Gott. Die inneren Gespräche, die man dort führt und die mancher vielleicht Gebete nennt, zeigen schon die Sehnsucht nach einer Über-Macht angesichts der Orientierungslosigkeit, die ja für uns alle immer größer wird. Ich bin zwar als junger Mensch aus der Kirche ausgetreten, aber ich habe großen Respekt vor Menschen, die Kraft aus ihrem Glauben ziehen und für die die Kirche ein gemeinsamer Weg ist. Und was ist mit der Institution Kirche?Berben: Religion ist universal. Ich bin ja nicht zum katholischen Glauben zurückgekehrt und möchte auch keiner Religionsgemeinschaft angehören - gar nicht. Ich fühle mich sehr wohl ohne eine Zugehörigkeit zu einer Religion. Woraus schöpfen Sie dann Kraft?Berben: Je älter man wird oder je älter ich werde, desto mehr versuche ich anzunehmen, dass es in der Komplexität des Lebens keinen Stillstand gibt. In jungen Jahren erhofft man sich, von A nach B zu kommen oder dass irgendwann irgendetwas fertig ist. Aber ich habe erkannt, dass Leben nicht heißt, dass man mit irgendetwas fertig wird, sondern ein fließender Zustand ist. Und ich schöpfe natürlich Kraft aus meiner Offenheit und meiner Neugier. Sich immer wieder darauf zu besinnen, dass wir mit unseren so unterschiedlichen Weltanschauungen und Traditionen miteinander diese eine Welt gestalten müssen - das ist sowieso das schwierigste von allem. Und sich immer wieder darauf zu besinnen, das hat auch etwas mit Kraft zu tun. Denn dann ist man nicht mehr nur auf eine einzige Sache konzentriert, sondern man ist Teil dieser Welt. Das Oratorium Stella Maris Das Marienoratorium wird am 7. und 9. Oktober jeweils um 20 Uhr im Dom zu Neviges aufgeführt. Der Hamburger Komponist Helge Burggrabe verknüpft in "Stella Maris" Musik, Sprache, Architektur und Licht. Iris Berben spricht die Maria. Sopran-Solistin ist Maria Jonas.
Karten für 13 Euro (Stehplätze) und 35 Euro gibt es an den bekannten Vorverkaufsstellen und der Abendkasse