Jagd auf Reemtsma-Lösegeld geht weiter

Nach mehr als 15 Jahren wurde Entführer Thomas Drach aus dem Gefängnis entlassen. Bis heute fehlt ein großer Teil der Beute.

Hamburg. In der Dunkelheit, morgens um halb sieben, öffnete sich am Montag für Reemtsma-Entführer Thomas Drach nach mehr als 15 Jahren das Tor in die Freiheit. Sein Anwalt holte ihn mit dem Auto aus dem Hamburger Gefängnis Fuhlsbüttel ab.

Drach hatte zuvor deutlich gemacht, dass er aus Deutschland ausreisen will. Damit entzöge sich der Schwerverbrecher den strengen Auflagen, die von der Justiz gegen ihn verhängt wurden. Mehrere davon, wie etwa das Tragen einer elektronischen Fußfessel, gelten nur für das Inland.

Allerdings ist er bei der Wahl seines Reiseziels eingeschränkt, sagte Martina Renz-Bünning, Vizepräsidentin des Verbands deutscher Strafrechtsanwälte und Strafverteidiger. Selbst wenn deutsche Behörden Drach einen Pass ausstellen würden, werde er wohl von vielen Staaten keine Einreiseerlaubnis bekommen. „Ganz Südamerika wird ihm kein Visum erteilen“, sagte sie. Auch in Nordamerika, Australien und Neuseeland sei er wahrscheinlich nicht willkommen. Wo der 53-Jährige sich derzeit aufhält, ist unklar.

Mit Drachs Entlassung ist die Geschichte um Verbrechen, Gier und Geld noch nicht zu Ende. Von dem Lösegeld von umgerechnet rund 15 Millionen Euro, das er und seine Komplizen 1996 von der Familie des entführten Unternehmenserben Jan Philipp Reemtsma erpressten, sollen noch 6,5 Millionen Euro vorhanden sein.

„Das haben Sie in 15 Jahren nicht erfahren, und das werden Sie auch heute nicht erfahren“, sagte Drach 2011, als er wegen Drohungen gegen seinen Bruder vor Gericht stand und nach dem Lösegeld gefragt wurde. Nach Einschätzung der Ermittler ist Drach der Meinung, das Geld stehe ihm durch die lange Haft quasi zu. Jan Philipp Reemtsma hat bei der Suche danach eine Sicherheitsfirma eingeschaltet.

Dieter Langendörfer, der ehemalige Leiter der Kripo-Sonderkommission, die Drach in den 90er Jahren verfolgte, sieht noch einen weiteren Aspekt. „Ich kann mir gut vorstellen, dass auch Kriminelle hinter dem Geld her sein werden.“

Drach selbst ist schon lange polizeibekannt. Mit 13 Jahren knackte er Autos und kassierte mit 18 seine erste Gefängnisstrafe. Gutachter beschreiben ihn als intelligent, aber unreif und uneinsichtig. Er nehme keine Rücksicht auf andere, sei auf einen „gehobenen Lebensstil“ fixiert und trachte einzig nach einem Leben in Saus und Braus.

Vor Gericht präsentierte Drach sich aufbrausend und aggressiv. In einem Gutachten hieß es 2011: „Es ist davon auszugehen, dass er in Freiheit weitere schwere Straftaten begehen wird.“