„Jahr der Kometen“ klingt mit Lovejoy glänzend aus
Bonn (dpa) - Das Jahr der Kometen-Festspiele steht vor seiner letzten Aufführung. Die Milliarden Jahre alten Gesellen aus den fernen Außenbezirken unseres Sonnensystems lassen sich eigentlich nur selten sehen.
Aber: „2013 war das Jahr der Kometen. Absolut. Für Wissenschaftler genauso wie für Hobbyastronomen“, sagt Peter Oden von der Bonner Volkssternwarte.
„Ich habe in diesem Jahr so viele Kometen beobachten können wie zuvor in meinem ganzen Leben nicht“, freut sich der 61-Jährige. Ganz klar: Die Stars waren der hitzige „Sonnenkratzer“ Ison und der noch aktive Schweifstern Lovejoy, der wohl auch über Weihnachten hinweg zu beobachten sein wird.
Dass sich am irdischen Himmel 2013 gleich mehrere Kometen leuchtend inszeniert haben, ist ungewöhnlich. Denn Schweifsterne, die auch ohne größere Hilfsmittel sichtbar sind, zeigen sich sonst nur alle paar Jahr einmal. Schon im Frühjahr 2013 sorgten vor allem die Kometen Panstarrs und Lemmon für herausragende Hingucker, wie auch das Portal „Kometen.Info“ bilanziert. Sie strahlten hell genug, um sie mit Feldstecher oder bloßem Auge sehen zu können.
Lovejoy ist im Dezember stark in den Fokus gerückt. Morgens ist er am Ost-Nordost-Himmel zu erspähen, abends west-nordwestlich - bei optimalen Sichtverhältnissen sogar ohne Hilfsmittel. Der für die Forschung interessante Komet habe seine hellste Phase erreicht, sagt Experte Hermann Böhnhardt vom Max-Plack-Institut für Sonnensystemforschung im niedersächsischen Katlenburg-Lindau. Und diese werde auch über die Weihnachtstage hinweg noch anhalten.
Lovejoy kreist alle 9900 Jahre um die Sonne. Der mehr als vier Milliarden Jahre alte Schweifstern - im Fachjargon „C/2013 R1“ genannt - erreicht am 22. Dezember seinen sonnennächsten Punkt. „Seine Entfernung von dann 121 Millionen Kilometern zur Sonne ist eigentlich eine sichere Distanz“, erklärt Böhnhardt. „Allerdings können Kometen auch auf freier Strecke zerfallen.“
Die Enttäuschung über Ison ist bei Forschern und Hobbyastronomen noch ganz frisch. Manche hatten ihn zum Jahrhundertkometen ausgerufen, aber Ison machte sich vor wenigen Wochen buchstäblich aus dem Staub. „C/2012 S1“ hatte viele Herzen höherschlagen lassen, denn er war mit rund 4,6 Milliarden Jahren uralt, kam vom äußersten Rand unseres Sonnensystems, näherte sich zum allerersten Mal der Sonne und trug völlig unverändertes Ursprungsmaterial mit sich.
Doch Ison raste bis auf leichtsinnige eine Million Kilometer nah an die Sonne heran. Er zerbrach am 28. November bei Temperaturen von über 1500 Grad Celsius. Das erhoffte Mega-Spektakel am Himmel blieb aus. Die gesammelten Bilder und Daten seien aber sehr aufschlussreich, betont Böhnhardt. Die Forschung erhofft sich Einblicke in die Entstehungsgeschichte unseres Sonnensystems.
Der nächste „schmutzige Schneeball“ - wie die Kometen aus Eis und Gestein ganz uncharmant genannt werden - ist schon im Anflug. Schweifstern Linear, der Oden zufolge derzeit erstaunlich an Helligkeit zulegt, entwickelt sich vielversprechend. Die volle Leuchtkraft wird er aber wohl erst Anfang 2014 erreichen.
Ein weiteres Highlight zeichnet sich ab: Die europäische Raumfahrtagentur Esa will erstmals ein Minilabor auf einem Kometen landen lassen. 67P/Tschurjumow-Gerassimenko heißt der Auserwählte. Die Raumsonde „Rosetta“ soll auf ihm im November das Labor absetzen, um die Anfänge unseres Sonnensystems zu erforschen. Bodenproben, Analysen des Kometenkerns und des Gasschweifes sind geplant.
Zurück zu Lovejoy: Er sei ein gutes Objekt, wenn man gezielt an der richtigen Stelle am Himmel suche, sagt Böhnhardt. Bei klarer Sicht werde Lovejoy zu Weihnachten mit bloßem Auge erkennbar sein. Das wäre ein leuchtender Schlussakt für 2013. Es gibt zwar keine wissenschaftlichen Belege für einen spektakulären Kometen vor 2013 Jahren, doch so mancher dürfte an den Stern von Bethlehem denken.