Jeder weitere Tag schwächt Obama
Der US-Präsident hat es versäumt, in der Krise Führungsstärke zu zeigen.
Washington. Zu den größten Skurrilitäten rund um die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko zählt bisher das Unvermögen von Präsident Barack Obama, ein klares Machtwort zu sprechen und das Heft des Handelns an sich zu reißen. Nicht nur den Demokraten droht bei den Kongresswahlen ein Debakel. Eine zweite Amtsperiode für Barack Obama dürfte in weite Ferne rücken.
Während des Präsidentschaftswahlkampfs im vorletzten Sommer hatte Obama noch harte Kritik an seinem Vorgänger George W. Bush wegen dessen Handhabung der Katrina-Katastrophe geäußert.
Nur ein Mal war der Präsident nach dem verheerenden Hurrikan mit dem Hubschrauber über die verwüsteten Gebiete um New Orleans geflogen - ohne auszusteigen und mit den Betroffenen zu reden. In einer vergleichbaren Situation, so Obama damals, würde er anders reagieren: nämlich schnell und entschlossen zupacken.
Mittlerweile aber sind seit dem Untergang der Bohrinsel "Deepwater Horizon" fast sieben Wochen vergangen, und profiliert hat sich Obama nicht gerade. Zwar ist er am Wochenende ein drittes Mal in die Region geflogen und hat medienwirksam den Betroffenen gut zugeredet. Doch erreicht hat er wenig. BP hat nach wie vor das Sagen.
In Washington hat sich außer einer Verlängerung des Moratoriums für Tiefseebohrungen wenig getan. Zwar ließ Obama seinen Justizminister strafrechtliche Ermittlungen gegen BP ankündigen. Auch wurde das von der Regierung bereitgestellte Personal aufgestockt. Doch der politische Schaden ist nicht mehr abzuwenden.
In der Wählergunst rutschen Obama und die Demokraten weiter ab. Gewiss hinkt der Vergleich mit Katrina ein wenig. Wenige Tage nach dem Hurrikan und den folgenden Überschwemmungen hatte man zumindest einen Überblick. Deepwater Horizon hingegen ist ein fortlaufendes Desaster, das sich jeden Tag weiter ausbreitet und dessen Folgen nicht abzusehen sind.
In einer solchen Situation ist die Autorität des Präsidenten gefragt, an der es bisher mangelte. Allein mit straf- und zivilrechtlichen Maßnahmen ist keinem geholfen, weder der Umwelt, den bedrohten Ökosystemen, noch tausenden von Fischern, die um ihre Existenz bangen. Will Obama an der Ölpest nicht politisch zerbrechen, dann muss er jetzt Führungsstärke und Krisenmanagement zeigen wie nie zuvor.