Jonah Hill hat sich mit Witz und Charme durchgeboxt
Los Angeles (dpa) - Knapp 1.70 Meter groß, Übergewicht, Pausbacken und Hornbrille - das sind keine gute Karten, um in Hollywood selbstbewusst aufzutreten
Doch Jonah Hill (28) hat das Spiel seit Jahren im Griff. Der Comedy-Star trägt seine Pfunde stolz zur Schau. Lässig und liebenswert schwärmt er in Interviews von seiner Schauspielkarriere, die durch einen filmreifen Zufall, als er gerade 19 Jahre alt war, begann.
„Ich hatte echt Glück“, erzählte er 2008 in der Ellen DeGeneres-Talkshow. Er habe damals in New York eigene kleine Stücke in einem Club aufgeführt. Eines Abends hätten ihn die Kinder von Dustin Hoffman angesprochen, ob er vielleicht ihren Dad treffen wollte. „Dustin fand mich lustig und verschaffte mir mein erstes Vorsprechen für eine Filmrolle“, verriet Hill grinsend in der Show.
Die erste kleine Hollywood-Rolle ergatterte er an der Seite von Dustin Hoffman in der schrägen Satire „I Heart Huckabees“. Als Hill im vorigen Oktober wieder bei Ellen DeGeneres plauderte, war er kaum wiederzuerkennen. Locken und Bart abrasiert, der Babyspeck aus „Superbad“ und „Beim ersten Mal“ weg. „Ich wusste schon immer, dass ich ein richtig scharfer Kerl bin“, flachste Hill in der Talkshow.
Mit dem Gewicht geht es noch rauf und runter, doch Hills Karriere ist ein geradliniges bergauf. Hollywood hat längst erkannt, dass hinter der pfundigen Kulisse ein talentierter Charakter-Darsteller steckt. Für seine erste ernste Rolle in dem Baseball-Drama „Die Kunst zu gewinnen - Moneyball“ an der Seite von Hollywood-Schönling Brad Pitt gab es gleich eine Oscar-Nominierung als bester Nebendarsteller. Als dicker, unsportlicher Statistik-Nerd läuft er neben Pitt zur Höchstform auf. Das „Forbes“-Wirtschaftsmagazin setzte Hill im vergangenen Dezember auf die Liste der vielversprechenden, visionären Aufsteiger unter 30 Jahren.
Der Erfolg ist ihm offenbar nicht zu Kopf gestiegen. Im vorigen Herbst gestand er im „Esquire“-Interview, dass er total nervös war, mit Pitt und Philip Seymour Hoffman zu drehen. Er wohne noch bei seinen Eltern im Haus, packte er bei Ellen DeGeneres aus. An der eigenen Hollywood-Bleibe würde er seit Jahren bauen. Mit seiner Mutter Sharon Lyn als sein „Date“ war der 28-Jährige im Februar auch bei den Oscars über den Roten Teppich gelaufen.
Mit „Bad Sitter“ kehrt Hill als rundlicher, chaotischer Kinderhüter jetzt wieder in das Comedy-Genre zurück. Es geht auch um Sex und Drugs und immer ein bisschen unter die Gürtellinie, wenn Hills Charaktere über die Stränge schlagen. Der Kerl mit dem Babyface bekommt die Mischung aus derben Späßen und liebenswertem Charme seit Jahren perfekt hin. Kein Wunder, dass ihn Hollywoods Hitproduzent- und Regisseur Judd Apatow schon sieben Mal vor die Kamera holte. Nach kleineren Auftritten in „Jungfrau (40), männlich, sucht...“ und „Beim ersten Mal“ kam er in „Superbad“ als Highschool-Schüler, der unbedingt zum ersten Mal Sex haben will, groß heraus. In „Nie wieder Sex mit der Ex“ traf Hill auf den britischen Komiker Russell Brand, mit dem er in „Männertrip“ ein perfekt ungleiches Duo abgibt.
Dass er mehr als nur Comedy zu bieten hat, zeigte Hill schon in dem Beziehungsdrama „Cyrus“ (2010) in der Rolle von Marisa Tomeis verwöhntem Sohn. Unlängst verkündete der Komiker, dass es ihm mit Drama wirklich ernst ist. „Ich habe jede Menge Komödien in relativ kurzer Zeit gedreht (...) Es ist einfach nicht mehr so spannend, noch mehr zu machen“, lamentierte er kürzlich in der „Los Angeles Times“. Im „Esquire“-Interview ging Hill noch weiter: „Ich habe immer schon gesagt, dass ich eines Tage meine Karriere ganz auf Regie und Schreiben umstelle“.
Eine Kostprobe als Multitalent lieferte Hill mit „21 Jump Street“ als Produzent, Co-Autor und Darsteller. Hill und Channing Tatum glänzen als stümperhafte Jungpolizisten, die undercover als Schüler an der Highschool ermitteln. Ein Kassenknüller, mit dem Hill dick ins Geschäft eingestiegen ist. Nicht nur auf der Leinwand war die Chemie zwischen Hill und Tatum perfekt, auch beim Werbe-Interview in Australien war das Duo nicht zu bremsen. In Cop-Uniform und mit Spielzeugpistole waren sie in diesem Frühjahr zum Interview erschienen. „Du bist so hübsch“, begrüßte Hill die blonde Reporterin, dann folgten acht Minuten Lachsalven. Die Witze des Stand-Up-Komödianten kamen wie aus der Pistole geschossen.
Gute News für Hill-Fans - die nächste Komödie ist schon in der Mache. Sein guter Freund und Kollege Seth Rogen holt Hill gemeinsam mit James Franco, Jason Segal und Emma Watson für sein Regie-Debüt „End of the World“ vor die Kamera. In der Endzeit-Komödie gibt es keine erfundenen Charaktere, stattdessen wird das gesamte Ensemble sich selbst spielen. Die Story dreht sich um die Schauspieler, die zusammen in Francos Haus in Los Angeles leben, während die Welt auf den apokalyptischen Untergang zusteuert. Wird Hill das dicke Ende dick oder dünn erleben? Egal, ihm steht jedes Format gut.