Jubiläum: In friedlicher Mission

Die „Gorch Fock“, das Segelschulschiff der Bundesmarine, wird 50 Jahre alt. „Der Dreimaster ist ein diplomatischer Eisbrecher“, sagt der Kommandant Norbert Schatz.

Düsseldorf. Majestätisch schaukelt die "Gorch Fock" auf ihrem Liegeplatz im Kieler Marinehafen. Das Wasser plätschert sanft gegen die 89 Meter lange Bark. Die Takelage mit den gepackten weißen Segeln ragt hoch in den blauen Himmel empor. Von Altersschwäche keine Spur.

Am 23. August 1958 lief das Segelschulschiff in der Hamburger Werft Blohm&Voss vom Stapel. 14000 Offiziere und Unteroffiziere wurden bislang hier ausgebildet, 700000 Seemeilen legte der Dreimaster seitdem zurück. "Das entspricht 32 Erdumrundungen", sagt der Kommandant, Kapitän zur See Norbert Schatz (51). Zur Kieler Woche, die am Samstag beginnt, wird der 50. Geburtstag im Heimathafen groß gefeiert.

Wo immer ihre Segel am Horizont auftauchen, wird die "Gorch Fock" freundlich empfangen. "Wir werden nicht als Kriegsschiff, sondern als Friedensbotschafterin wahrgenommen", sagt der inzwischen zwölfte Kommandant des berühmten Dreimasters.

Dabei stießen die Pläne des Verteidigungsministeriums, ein neues Segelschulschiff zu bauen, anfangs auf Kritik. Zu deutlich war vielen noch die Katastrophe der "Pamir" vor Augen, die im August 1957 in einen Hurrikan geriet: 80 der 86 Besatzungsmitglieder, darunter viele jugendliche Kadetten, kamen ums Leben. "Die Konstruktionspläne des gerade im Bau befindlichen Schiffes wurden unter dem Eindruck der Katastrophe noch überarbeitet", erzählt Schatz.

Auch 50 Jahre später gilt die "Gorch Fock" als eines der sichersten Segelschiffe der Welt. Pünktlich zum Jubiläum wurde sie generalüberholt. "Es gab einiges zu tun", sagt der Hauptgefreite Thomas Richter, der für die Instandhaltung der Segel zuständig ist. Braungebrannt steht der 25- Jährige an Deck des Schiffes und blickt in die Takelage. Der Großmast ragt 45 Meter in die Höhe. "Da oben hat man seine Ruhe", beschreibt Richter seinen Hauptarbeitsplatz. Er weiß, wovon er redet. Die fehlende Privatsphäre gehört zu den größten Herausforderungen an Bord.

"Die räumliche Enge ist für die meisten zunächst ein Problem", bestätigt Schatz. Schließlich schliefen rund 30 Mann auf zwölf Quadratmetern in Hängematten neben- und übereinander. Und selbst die Hängematten der Frauen sind nur mit einem Vorhang abgetrennt. "Daran gewöhnen sie sich aber früher oder später ebenso wie an die anfängliche Seekrankheit."

Auch Richter, der seit zwei Jahren auf der "Gorch Fock" unterwegs ist, hat sich mit den Schwierigkeiten an Bord arrangiert. Für ihn ist klar, dass die positiven Erfahrungen mit Abstand überwiegen. "Ich habe viele Länder bereist und eine unglaubliche Kameradschaft erlebt." Zwar sei der größte Teil seiner Aufgaben hoch oben in der Takelage inzwischen Routine, aber die Bilder seiner ersten Sonnenaufgänge werde er ebenso wenig vergessen wie das erste Mal "Land in Sicht".

Während die Stammbesatzung meist mehrere Jahre an Bord arbeitet, bleiben die Kadetten nur sechs bis acht Wochen. "Ein Segelschiff ist das optimale Ausbildungsmittel", meint Schatz. "Hier erlebt man Seefahrt hautnah. Es geht hier wesentlich elementarer zu als auf anderen Marineschiffen." Die ungewohnte Enge, der fehlende Komfort und die teils raue Seefahrt förderten Teamgeist, Mut, Kameradschaft, Selbstbewusstsein und Unterordnung. Alles Eigenschaften, die für die weitere Laufbahn unerlässlich seien.

Die "Gorch Fock" ist nicht nur Ausbildungsschiff, sondern auch weltweiter Repräsentant der deutschen Marine. "Das Schiff ist ein diplomatischer Eisbrecher", so der Kommandant. "Nach Ende des Zweiten Weltkrieges waren wir zum Beispiel die ersten deutschen Soldaten, die israelischen Boden in Uniform betreten haben."

Bislang steuerte das Segelschiff 350 Häfen in 58 Ländern an. Noch viele sollen folgen. "Mein persönlicher Traum ist es, mit der Bark das Kap Hoorn zu umrunden", sagt Schatz. Dem Schiff bleibt dafür noch genug Zeit: Die Bundesmarine will es noch mindestens 25 Jahre im Dienst halten.