Jürgen Heuer ist Experte für DDR-Mopeds
Jürgen Heuer aus Hannover ist Experte für DDR-Mopeds. Er bastelt auch im Ruhestand noch gern an Simsons herum.
Hannover. Eigentlich ist Jürgen Heuer ja Rentner. Doch rastlos wuselt der 75-Jährige durch seine kleine Werkstatt in Niedersachsen. „Wenn das Wetter schön wird, kommen sie alle angerannt“, sagt er. Ständig bimmelt sein schwarzes, klobiges Telefon. Vor der Tür warten ein Dutzend Mopeds und Roller in den verschiedensten Farben. Sie alle stammen aus der ehemaligen DDR. Und sie alle haben ein Problem. „Ich komme zu nichts“, stöhnt Heuer.
Heuer bringt Simson-Mopeds wieder in Gang. Die Marke war ein Exportschlager der DDR, besonders das Modell Schwalbe verhalf den südthüringischen Moped-Werken zu Weltruhm. Zwischen 1955 und 1991 wurden im thüringischen Suhl mehr als fünf Millionen Maschinen gebaut. Seit der Wende sind die Mopeds auch im Westen Kult. „Die Ostdeutschen haben sie damals entsorgt und dafür billige Autos aus dem Westen gekauft“, sagt Kornelia Meinhardt, Gründerin der Interessengemeinschaft Mopedfreunde Oldenburg. „Jetzt ärgern sie sich darüber.“ Unter anderem wegen ihrer Robustheit sind Simson-Mopeds beliebt. Selten geht ein Motor kaputt.
Und für den Fall der Fälle gibt es ja Jürgen Heuer: Nur wenige westdeutsche Zweiradklempner kennen sich mit den Kultgefährten so aus wie der 75-Jährige. In seiner kleinen Werkstatt herrscht Hochbetrieb. „Die alte Technik verstehen Monteure heute nicht mehr, die stecken überall nur noch Messgeräte rein und tauschen Ersatzteile aus“, glaubt Heuer. Er hat wenig Platz: eine Werkbank, ein Tresen, überall liegt Werkzeug. Bremsscheiben und Dichtungsringe hängen an der Wand.
Dabei war Heuer zu Zeiten der deutschen Teilung noch Bettenverkäufer. „Das hat mich aber nie interessiert“, sagt er heute. Schon in seiner Kindheit begeisterte er sich für Motorsport, fuhr in seiner Jugend Motorradrennen. Anfang der 90er Jahre bot ihm ein Freund einen Job in einer Autowerkstatt an. Gemeinsam eröffneten sie eine Simson-Vertretung in Hannover. „Das kannte hier keiner“, sagt Heuer. Als Rentner gründet er eine Interessengemeinschaft, um weiterzuschrauben und Simson-Fahrern mit ihren Moped-Macken zu helfen. „Die bezahlen die Ersatzteile, und ich bin froh, dass ich beschäftigt bin.“
Der 75-Jährige liebt die Maschinen, auch wenn er sie selbst nicht mehr fährt. „Mein Gleichgewichtssinn ist nicht mehr in Ordnung“, erzählt er und begutachtet kritisch einen verrosteten Vergaser. Wenn er gelegentlich ins thüringische Ersatzteillager fährt, nimmt er die Bahn. Vor manchem ostdeutschen Händler imitiert er dann schon einmal den örtlichen Dialekt. „Wenn die wüssten, dass ich Wessi bin, würde ich meine Teile nicht kriegen.“