Justiz: Schlechte Karten für Raser
Amtsrichter in unserer Region wollen den Pauschal-Freisprüchen ihres Herforder Richterkollegen keinesfalls folgen.
Düsseldorf. Massenfreisprüche für Tempo-Sünder, wie sie jetzt der Herforder Amtsrichter Günter Knöner ausgesprochen hat, wird es in unserer Region nicht geben.
Dort haben Raser nach wie vor schlechte Karten, ergab eine Umfrage bei den Amtsgerichten in Düsseldorf, Krefeld, Solingen, Remscheid und Wuppertal. Nur in besonderen Einzelfällen können Tempo-Sünder an diesen Gerichten auf Milde hoffen, nicht aber auf einen Freispruch wie in Herford.
Allgemeine Begründung aller befragten Richter: Die Gründe für die Tempo-Messungen seien für die gerichtliche Entscheidung nicht maßgeblich.
Anders ausgedrückt: Es ist unerheblich, ob die Kontrolle tatsächlich zur allgemeinen Gefahrenabwehr durchgeführt wurde, oder ob sie in erster Linie dazu dienen sollte, der Kommune Einnahmen zu verschaffen. Entscheidend ist, dass der Tempo-Verstoß nachweislich begangen wurde.
"Mir sind keine Fälle bekannt, dass es an unserem Gericht in einer solchen Sache Freisprüche gegeben hätte", sagt kurz und bündig Richterin Dorothee Puls vom Amtsgericht Solingen.
Auch am Amtsgericht Wuppertal sieht Richterin Carmen Schlosser keinen Spielraum für Freisprüche: "Wir verhandeln nach der Strafprozessordnung. Wir berücksichtigen bei jeder Entscheidung die Umstände des Einzelfalls und werden bestimmt nicht serienweise freisprechen."
Auch am Amtsgericht Krefeld sieht Richter Wolfgang Thielen, Leiter der Abteilung Strafrecht, die Herforder Entscheidungen kritisch: "Hier bei uns macht das keiner so. Die Ordnungsbehörden haben Richtlinien, wo sie solche Kontrollen einsetzen. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit sogenannter anlassunabhängiger Kontrollen."
Richter Paul-Dieter Dudda, Direktor des Amtsgerichts Remscheid: "Hier wird die Vorschrift angewendet, die der Kollege in Herford für nicht anwendbar hält." Allerdings räumt er ein: "Wenn jemand nachts oder in den Ferien vor einer Schule geblitzt wurde, dann werden die Kollegen beim Strafmaß wohl etwas länger nachdenken."
Am Amtsgericht Düsseldorf sieht Verkehrsrichter Stefan Coners bei ertappten Tempo-Sündern ebenfalls keine Möglichkeit für einen Freispruch. Allerdings ist er "im Rahmen einer Gesamtschau aller Umstände" geneigt, in Einzelfällen auf Fahrverbote zu verzichten - "wenn etwa die Messung an einem für mich nicht erkennbaren Gefahrenpunkt erfolgte".
Als Beispiel nennt er die Blitz-Anlage auf der A44 am Flughafen-Tunnel: "Die Autobahn ist dort dreistreifig ausgebaut und hat einen weit einsehbaren Verlauf. Wenn dann da nachts jemand alleine unterwegs ist und bei erlaubten 100 km/h mit Tempo 141 geblitzt wird, dann kann das eine Rolle spielen, ein in solchen Fällen normalerweise vorgesehenes Fahrverbot nicht zu verhängen, sondern stattdessen das Bußgeld zu erhöhen."