Porträt: Neil Young - Ein Musiker für alle Fälle
Kaum eine Musikrichtung, in der Neil Young sich nicht versuchte und in der er nicht erfolgreich war. Am Freitag wird er 65.
New York. Wenn jemand scheu ist, unter Krankheiten leidet und die ersten musikalischen Gehversuche auf einer Plastik-Ukulele macht, spricht das nicht gerade für eine Karriere als Rockstar. Es sei denn, da ist viel Talent. Neil Young ist solch ein Fall. Er spielte sich in mehreren Bands und Musikrichtungen ganz nach oben. Am Freitag wird er 65 Jahre.
Geboren wurde Young in Kanada - da legt er Wert drauf. Obwohl er seit fast einem halben Jahrhundert in Kalifornien lebt, hat er nach wie vor den Pass mit dem Ahornblatt. Als Kind erkrankte er an Epilepsie, Diabetes und Kinderlähmung, doch schon in der Schule machte er Musik und zog später mit Gitarre und Mundharmonika durch Kanada. Mitte der 60er Jahre ging er in die USA - illegal. Eine Arbeitserlaubnis bekam er erst Jahre später. Da kannte man den Namen schon aus den Hitparaden.
Young traf, so will es die Legende, in Los Angeles einen anderen Musiker, den er als Teenager in Kanada kennengelernt hatte: Stephen Stills. Mit drei anderen bildeten sie die Band Buffalo Springfield und hatten einige Hits, doch die Band zerfiel bald wieder. 30 Jahre später wurde die Gruppe in die Rock & Roll Hall of Fame aufgenommen.
1968 gründete Young die Band Crazy Horse. Die gibt es bis heute oder zumindest immer mal wieder und sie ist so etwas wie Youngs musikalische Leibwache. Die wohl bekannteste Songs "Cinnamon Girl", "Cow-girl In The Sand" und "Down By The River" schrieb Young angeblich alle an einem Tag - mit 39Grad Fieber.
Als er 1969 Stephen Stills wiedertrifft, ist der ein Teil von Crosby, Stills & Nash. Young schließt sich an, die vier treten in Woodstock auf und schreiben Musikgeschichte. Trotzdem trennt sich die Gruppe wieder. "Young wollte Folk in einer Rockband spielen", sagte Nash. Immerhin, alle paar Jahre treten sie wieder auf.
Young widmet sich anderen Projekten. Mit "Heart of Gold" schafft er 1972 seinen ersten und einzigen Nummer-Eins-Hit. Als an der Kent-Universität in Ohio vier Studenten erschossen werden, gibt er mit "Ohio" der Friedensbewegung eine Hymne. In "Southern Man" verurteilt er Rassisten in den Südstaaten - und schafft es in den Songtext von Lynyrd Skynyrds "Sweet Home Alabama". Gleich mehrere seiner Songs drehen sich um Rauschgift, nach dem Drogentot seines Crazy-Horse-Freundes Danny Whitten. Young weiß, worüber er singt: Bei einem Konzert 1976 fiel ihm ein bisschen weißes Pulver aus der Nase.
Während Young in den 70ern Erfolge feiert, rutscht er in den 80er Jahren in eine Krise. Erst 1989 hat er wieder Erfolg mit "Rockin’ In The Free World". Er legt den Grundstein für das, was als Grunge die frühen 90er bewegen wird, und als "Pate des Grunge" wird er auch verehrt. Als Kurt Cobain von Nirvana 1994 Selbstmord begeht, finden sich Songtexte von Young im Abschiedsbrief.
Mit 65 scheint Neil Young noch nicht an Ruhestand zu denken, dafür ist er zu engagiert. Er dreht Filme, ist Umweltaktivist, hilft Klein-Bauern mit seiner Aktion "Farm Aid" und unterstützt den Kampf gegen Krankheiten. Eine nicht ganz alltägliche Ehrung wurde ihm vor zwei Jahren zuteil: Forscher benannten eine Spinnenart nach dem Musiker - "Myrmekiaphila neilyoungi".