Katastrophe von Ramstein: „Ich dachte, ich würde sterben“

Nur durch einen Zufall besuchten Gabriella Johnson und ihr Lebensgefährte Walter Campbell 1988 den Flugtag in Ramstein.

Ramstein/Eschborn. Es war ein Plakat an der Autobahn. „Flugtag in Ramstein“ stand darauf. Gabriella Johnson und ihr Lebensgefährte Walter Campbell waren auf dem Heimweg nach Eschborn in Hessen, als sie das Schild sah.

„Ich sagte zu Walter, da können wir doch mal vorbeifahren. Das würde mich interessieren“, erzählt sie. „Er sagte: Das wird dir nicht gefallen.“ Doch sie überredete ihn, einen Abstecher zur Air Base Ramstein zu machen. Das war vor 25 Jahren, der 28. August 1988.

Die beiden kamen am Nachmittag an, wenig später geschah die Katastrophe: Drei Jets kollidierten, einer stürzte brennend in die Zuschauermenge — dort, wo Johnson und Campbell standen. „Walter rief mir zu: lauf, lauf! Und ich bin gerannt“, erzählt Johnson. Irgendwann habe sie nicht mehr rennen können und sich fallenlassen. „Ich dachte, ich würde sterben“, erinnert sich Johnson.

Sie kam im US-Militärkrankenhaus Landstuhl wieder zu sich. „Ich hatte keine Schmerzen, und ich war so schwer verbrannt“, sagt sie. Erst einen Tag später begannen die furchtbaren Schmerzen. „Ich habe geschrien und immer wieder nach Walter gefragt“, sagt Johnson. Ein Arzt und ihre Tochter fanden ihn mit Hilfe des Roten Kreuzes. Er lag in einer Spezialklinik in Hannover, seine Haut war zu 60 Prozent verbrannt: ein Todesurteil.

Johnsons Verletzungen waren längst nicht so schlimm, doch einen Spiegel wollte ihr niemand geben. „Mein Gesicht war verbrannt. Ich hatte keine Haare mehr. Der rechte Arm und der Rücken bis zur Taille, alles war völlig verbrannt“, sagt sie. Heute sieht man die Spuren nicht mehr, die das Feuer hinterlassen hat. „Ich dachte, ich würde nie in meinem Leben wieder normal aussehen“, gesteht sie. Aber die Ärzte hätten Wunder vollbracht.

Doch die seelischen Wunden blieben. Campbell starb drei Monate nach der Katastrophe. Danach brach Johnson zusammen. „Ich konnte nicht mehr schlafen, hatte immerzu nasse Hände, konnte nicht mehr Auto fahren, kein Gewitter ertragen. Es war eine fürchterliche Zeit“, sagt sie.

Am Schlimmsten sei jedoch das schlechte Gewissen gewesen. „Ich glaubte, ich hätte ihn in den Tod getrieben. Er wollte ja nicht zur Flugschau“, sagt sie. Erst eine Therapeutin habe ihr klar gemacht, dass sie keine Schuld habe, sondern nur zur falschen Zeit am falschen Ort war.

25 Jahre sind inzwischen vergangen, doch die Erinnerungen quälen Johnson weiter. Sie erinnert sich an die französische Schulgruppe, die zur Unglückszeit neben ihr stand. „Es waren Mädchen, vielleicht 14 Jahre alt. Sie hatten alle weiße Söckchen an“, erzählt Johnson. „Ich habe das Feuer gesehen, wie es ihre Söckchen und ihre Beine hochstieg. Wissen Sie, es ist 25 Jahre her, doch ich sehe die kleinen hübschen Mädchen noch vor mir, wie sie alle verbrennen.“

Seit 25 Jahren lebt Johnson allein, einen Mann gab es nie wieder in ihrem Leben. Ihre beiden Kinder sind erwachsen, inzwischen sind auch Enkel da. Doch der Verlust ihres Lebensgefährten schmerzt noch immer. „Ich habe oft gesagt, ich will nicht mehr. Dann habe ich mir die Bilder meiner Kinder angeschaut und mir gesagt: Du musst!“