Überlebenschance bei Unterkühlung Kentern in nordischen Gewässern - und dann?
Auf dem Meer kann es ziemlich kalt sein - besonders im hohen Norden. Drei Deutsche sind in Norwegen gekentert und haben überlebt. Doch was tun, wenn man ins kalte Wasser fällt?
Lübeck (dpa) - Enorme Kälte kann für Menschen lebensgefährlich werden. Der Körper kühlt nach und nach aus, wichtige Organe können versagen. Am Sonntag sind drei deutsche Angler nach 13 Stunden auf See vor der norwegischen Insel Averøya gerettet worden. Ihr Boot war gekentert, sie konnten sich an den Rumpf klammern. Laut Wetterportalen hatte das Wasser sieben Grad, die Außentemperatur betrug vier bis zehn Grad. Es hätte auch schlimmer ausgehen können.
Wie lange kann man im kalten Wasser überleben?
Das hängt von vielen Faktoren ab - nicht nur von der Temperatur des Wassers, sondern auch von Wind und Seegang. Für den Verunglückten ist es von Vorteil, Kleidung zu tragen, die möglichst wasserundurchlässig ist. So kann sich eindringendes Wasser wenigstens erwärmen.
Kühlen alle Menschen gleich schnell aus?
Nein, jeder Mensch reagiert anders auf sehr kaltes Wasser. „Es gibt Menschen, die halten bei fünf Grad zwei bis drei Stunden aus“, sagt der Mediziner und Kälteexperte Wolfgang Baumeier vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck. Andere seien bereits nach einer halben Stunde tot. Jedes Gramm Fett könne helfen, Vorerkrankungen beschleunigen das Erfrieren.
Wie reagiert man am besten, wenn man mit einem Boot kentert?
Baumeier empfiehlt, sich im Wasser möglichst wenig zu bewegen. „Die Grundregel ist eigentlich nicht zu schwimmen“. Denn das beschleunige das Auskühlen. Wenn es geht, sollte man möglichst auf das gekippte Boot klettern, denn an der Luft bleibt der Körper länger warm. Sinkt die Körpertemperatur unter 34 Grad, spricht man dem Experten zufolge von Unterkühlung. „Es gibt aber Menschen, die haben bei 24 bis 26 Grad noch einen Kreislauf.“ Einer der deutschen Angler soll auf 32,9 Grad abgekühlt gewesen sein.
Wie reagiert der Körper auf Unterkühlung?
Normalerweise reagiert der Körper zunächst mit Zittern, danach mit Muskelsteife und Müdigkeit. Er konzentriert seine Energie immer stärker auf wichtige innere Organe. Zur Lebenserhaltung nimmt der Körper in Kauf, dass Nase, Ohren, Finger oder Zehen blau werden und Erfrierungen davontragen. Bei anhaltender Kälte sinken Blutdruck und Körpertemperatur immer weiter ab.
Welche Rolle spielt die Psyche in einer solchen Extremsituation?
Menschen, die sich aufgeben, haben laut Baumeier schlechtere Chancen. Ist man nicht alleine, wie die Angler in Norwegen, solle man sich bei Laune halten und Optimismus versprühen. „Das ist ein unheimlich positiver Effekt.“ Das fällt natürlich leichter, wenn Retter nahen oder Land in Sicht ist.