Kinder fühlen Benachteiligung

Studie: 1600 Kinder zwischen acht und elf Jahren wurden interviewt, die Forscher um den Bielefelder Sozialforscher Klaus Hurrelmann befragten die Eltern zusätzlich zur Lage der Familie.

<strong>Berlin. Deutschlands Kinder lieben ihre Eltern - inniger als jede Generation vor ihnen. Das klingt nach einem beruhigenden Ergebnis der ersten umfassenden Kinderstudie, die das christliche Hilfswerk World Vision in Auftrag gegeben hat. Doch genau dieses Ergebnis, die starke Fixierung der Kinder auf ihre Eltern, macht Sozialwissenschaftlern auch Sorgen. Denn sie eröffnet nur dem Nachwuchs aus gebildeten und wohlsituierten Familien gute Chancen für sein späteres Leben. Sie wirft dagegen jenes Viertel von Kindern zurück, das in einem ideenlosen Elternhaus ohne Bücher, Blockflöte und Aufmerksamkeit aufwächst. 1600 Kinder zwischen acht und elf Jahren wurden interviewt, die Forscher um den Bielefelder Sozialforscher Klaus Hurrelmann befragten die Eltern zusätzlich zur Lage der Familie. Die Ergebnisse vertiefen die bekannte Problematik aus Pisa, Ernährungs- oder Gesundheitsuntersuchungen: Die wenigen Kinder in Deutschland - ohnehin nur noch zehn Prozent der Gesellschaft - teilt eine tiefe Kluft. Es gibt mehr als zwei Drittel Gewinner, die sich in Sportvereinen tummeln, Freunde treffen, lesen, musizieren und ab und zu fernsehen. Und es gibt Verlierer, laut Studie ein Viertel aller Kinder, die vor allem vor der Glotze sitzen. Sie kommen aus der Unterschicht. Sie ahnen, dass ihr Lebensweg nicht chancenreich sein wird.

"Die Kinder haben noch kein Bewusstsein für oben oder unten, aber sie merken, dass sie nichts weiterbringt", sagt Hurrelmann. Viele merken auch, dass ihre Eltern einen großen Anteil am Stillstand haben: Vor allem die Kinder von Arbeitslosen beschweren sich über einen Mangel an Zuwendung und Tagesstrukturen.

Dagegen sind Kinder mit berufstätigen Eltern, die sich gezielt Zeit für den Nachwuchs nehmen, sehr zufrieden. Die große Mehrheit stellt vor allem ihren Müttern ein gutes Zeugnis aus. Ihre Väter sehen sie kritischer und wünschen sich mehr Zeit mit ihnen. Nur sechs Prozent der Kinder aber berichten über Dauerstreit in der Familie, 14 Prozent erzählen von Schlägen - weit weniger als in früheren Untersuchungen.