Knast statt Fußfessel: Dutroux bleibt im Gefängnis
Brüssel (dpa) - Belgiens meistgehasster Verbrecher bleibt hinter Gittern. Marc Dutroux will mit elektronischer Fußfessel in die Freiheit. Ein Gericht lehnt ab. Selbst seine Mutter hält ihn für unverbesserlich.
Doch schon bald kann der Kinderschänder einen neuen Anlauf nehmen.
Die Brüsseler Haftprüfungskammer lehnte am Montag den Antrag des 56-Jährigen ab, seine restliche Strafe mit einer elektronischen Fußfessel im Hausarrest abzusitzen. Auch nach mehr als 16 Jahren hinter Gittern habe der Kinderschänder absolut keine Aussicht darauf, wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden zu können, lautete die Begründung. Diese grundlegende Voraussetzung sei nicht erfüllt, sagte Gerichtspräsident Luc Hennart. Dutroux war 2004 zu lebenslanger Haft verurteilt worden, weil er sechs Mädchen entführt, vergewaltigt und gefoltert hatte, vier von ihnen starben. Die Morde plus Justizpannen hatten weit über die Grenzen Belgiens hinaus für Aufsehen gesorgt.
Nach Ansicht von Gefängnisleitung und Sachverständigen besteht zudem die Gefahr, dass der Sexualstraftäter rückfällig würde. Die Experten hätten in einem Gutachten von einer Freilassung abgeraten, berichtete die Zeitung „Sudpresse“. Auf diese Empfehlung habe sich das Gericht bei seiner Entscheidung gestützt. Zudem habe der landesweit bekannte Mörder wenig Chancen auf einen Job und eine Wohnung.
Seit mehr als 16 Jahren sitzt der Pädophile im Gefängnis. Seine Ex-Frau und Komplizin Michelle Martin war im Sommer 2012 freigelassen worden. Im Gegensatz zu ihr gilt Dutrouxs Ansinnen aber als aussichtslos.
Selbst die Mutter von Marc Dutroux sprach sich gegen eine vorzeitige Haftentlassung ihres Sohnes aus. „Ich bin sicher, dass er rückfällig würde“, sagte sie dem Magazin der Zeitung „Le Soir“. Es war das erste Mal seit langer Zeit, dass sich die 78-Jährige in der Öffentlichkeit äußerte.
Das Gericht verkündete sein Urteil am Montag in Abwesenheit von Dutroux. Bei der ersten Anhörung vor zwei Wochen war der 56-Jährige vor Gericht erschienen, allerdings streng abgeschirmt von der Öffentlichkeit. Proteste blieben am Montag aus; im Gerichtssaal erschien der Vater des getöteten Mädchens Eefje, Jean Lambrecks.
Er zeigte sich nach der Entscheidung erleichtert. „Die große Aufmerksamkeit, die die Presse und die öffentliche Meinung an den Tag legen, belegt, dass die Sache immer noch nicht unbedeutend ist - das ist Balsam für unsere Seele“, sagte Lambrecks der belgischen Nachrichtenagentur Belga.
Nach belgischem Recht ist es möglich, dass Verurteilte einen Antrag auf Freilassung stellen, wenn sie ein Drittel der Strafe abgesessen haben. Im Fall des Wiederholungstäters Dutroux entspricht das 16 Jahren. Diese Frist wäre unter Berücksichtigung früherer Gefängnisstrafen am 30. April 2013 erreicht - dann könnte Dutroux seine eigentliche Freilassung beantragen. Gerichtspräsident Hennart betonte am Montag ausdrücklich, dass Dutroux diese Möglichkeit nutzen könne: Die heutige Entscheidung stelle „kein Hindernis“ dar.
Nach Auskunft des Gerichts kann der Häftling frühestens am 15. Februar 2014 einen neuen Antrag auf Fußfessel stellen. Am Montag entschied das Gericht nur über die Auflagen für den Fall, dass der Schwerverbrecher jemals wieder auf freien Fuß kommen sollte.
Ob eine Freilassung überhaupt in Frage kommt, könnte in einem späteren Verfahren entschieden werden. Sachverständige und die Gefängnisleitung müssten in Gutachten zu dem Ergebnis kommen, dass von dem Kriminellen keine Gefahr mehr ausgeht.
Die „Affäre Dutroux“ hatte in den 1990er Jahren ganz Belgien erschüttert. Dutroux entführte sechs Mädchen, missbrauchte sie und folterte sie in einem geheimen Verlies seines Kellers. Dort starben vier von ihnen. Seine damalige Frau und Komplizin Michelle Martin half bei der Jagd auf Mädchen und ließ zwei im Keller verhungern. Die 53-Jährige kam im vergangenen Sommer unter Auflagen frei und lebt in einem Kloster in der Nähe von Namur.
Wegen des öffentlichen Protests gegen die Freilassung von Michelle Martin hat Belgien vor kurzem schärfere Regeln beschlossen, wenn Kriminelle vorzeitig auf freien Fuß kommen. Diese gelten allerdings nicht rückwirkend.