Königin Stephania Sabel: Herrscherin aus der Distanz
Stephania Sabel ist die Königin eines kongolesischen Volkes. Die Regierungsgeschäfte führt sie allerdings in Potsdam.
Potsdam. Das breite Lächeln mit den schneeweißen Zähnen ist von ansteckender Fröhlichkeit. Außerdem strahlt Stephania Sabel enorme Tatkraft aus. Die braucht sie auch: Schließlich ist sie die Königin des kongolesischen Volkes der Isumo/Bonyenga. Was sich wie ein Märchen anhört, ist keins: Ihr Volk muss sie aus einer Entfernung von mehr als 6300 Kilometern regieren. Königin Stephania Sabel Isumo wohnt in Potsdam, in einer Mietwohnung.
„Ich lebe sehr gern hier. Die Stadt ist wunderschön“, sagt die 47-Jährige. Besonders die prachtvolle Gartenanlage von Schloss Sanssouci liebt sie. Doch die studierte Theologin und Pädagogin ist nicht wegen der Schönheit der Stadt nach Brandenburg gezogen. Die Hintergründe sind ernst: Ihre Behinderung würde ihr ein eigenständiges Leben in Afrika nicht gestatten. Seit einer Polio-Erkrankung im Alter von 19 Jahren ist Sabel geh-, seh- und hörbehindert. Sie liest von den Lippen ab und sitzt im Rollstuhl.
Große Teile ihres mehr als 44 000 Menschen zählenden Volkes leben in der Region Besaw-Nongo oder Mbandaka und Kinshasa. Viele sind aber auch in der Welt verteilt, geflüchtet vor Hunger und Krieg. Ein Schicksal, das ihre Untertanen mit anderen afrikanischen Völkern teilen. Und so leben auch in Deutschland mehrere gekrönte Häupter aus Afrika.
Untereinander pflegen die Monarchen Kontakte. „Um diese Arbeit noch effektiver zu machen und besser wahrgenommen zu werden, wollen wir ein Afrika-Haus gründen“, berichtet Sabel. „Ich möchte meinem Volk Hoffnung geben“, sagt sie. Sabel ist die erste Frau, die die Isumo/Boyenga anführt. Erst vor gut einem Jahr wurde sie gekrönt. Ihre Aufgaben sind religiöser, humanitärer, repräsentativer und zeremonieller Art. Militärische oder politische Macht hat sie nicht.
Erst mit 29 Jahren hat sie ihren leiblichen Vater im Kongo kennengelernt. Er hatte in den 60er Jahren in Schleswig-Holstein Elektrotechnik studiert, das Land aber noch vor der Geburt seiner Tochter verlassen. Dass er der König eines Volkes war, verschwieg er beim ersten Treffen.
In einer Bombennacht im krisengeschüttelten Kinshasa berichtete ihr der Vater von ihrer Bestimmung. „Am Anfang war es unwirklich. Es war wie in einem Märchen“, berichtet Sabel. Drei Jahre vergingen, bis sie von ihrem Vater den Thron übernahm. Sohn Ijan wurde bei der Zeremonie in Kinshasa zum Kronprinzen gekrönt. Ein Foto von damals zeigt sie mit Krone, Speer und Leopardenfell. Eine richtige Königin eben.