Überblick zum Krieg in der Ukraine Russland: Ukrainische Hubschrauber greifen russisches Treibstofflager an

Nach russischen Angaben haben ukrainische Truppen ein Treibstofflager in Russland angegriffen. Eine angekündigte Waffenruhe erscheint zunächst zu unsicher. Westliche Gaskunden brauchen nun ein Konto bei der Gazprombank. Die Entwicklungen im Überblick.

 31.03.2022, Ukraine, Kiew: Die ukrainische Flagge ist an einem Radschützenpanzer angebracht, aus dessen Luke ein ukrainischer Soldat guckt, während das Fahrzeug durch eine russische Stellung fährt, die von ukrainischen Truppen außerhalb von Kiew überrannt wurde.

31.03.2022, Ukraine, Kiew: Die ukrainische Flagge ist an einem Radschützenpanzer angebracht, aus dessen Luke ein ukrainischer Soldat guckt, während das Fahrzeug durch eine russische Stellung fährt, die von ukrainischen Truppen außerhalb von Kiew überrannt wurde.

Foto: dpa/Vadim Ghirda

01. April, 11.57 Uhr: Russland verkündet Feuerpause - Rotes Kreuz: Lage zunächst zu unsicher

Russland hat eine Feuerpause für die schwer zerstörte südukrainische Hafenstadt Mariupol verkündet. Die Waffenruhe, mit der die Evakuierung von Einwohnern ermöglicht werden soll, trat am Freitag um 09.00 Uhr MESZ in Kraft. Nach Angaben des Roten Kreuzes war die Lage zunächst aber zu unsicher, um mit der Evakuierung zu beginnen. Die Fluchtwege waren noch geschlossen. In anderen Gebieten der Ukraine gingen die Kämpfe unvermindert weiter. Zudem gilt seit Freitag ein Erlass von Präsident Wladimir Putin, wonach Gas-Importeure westlicher Staaten Konten bei der Gazprombank eröffnen müssen.

Mit der Feuerpause für Mariupol soll ein neuer Versuch gemacht werden, mit internationaler Hilfe Tausende Menschen über einen humanitären Korridor in Sicherheit zu bringen. Ein Sprecher des Roten Kreuzes in Genf sagte jedoch: „Es ist noch nicht sicher, ob das heute stattfinden wird.“ Die Ukraine und Russland hätten zwar zugestimmt, doch müsse noch sichergestellt werden, dass auch die Soldaten in Mariupol entsprechend informiert seien. Außerdem hätten sich beide Seiten noch nicht auf einen Zielort für die Flüchtlinge geeinigt.

Westliche Gaskunden brauchen nun Konto bei Gazprombank

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage
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Gas-Importeure westlicher Staaten müssen nun Konten bei der Gazprombank eröffnen, um weiter russisches Gas zu erhalten. Andernfalls will Kremlchef Putin die Lieferungen an „unfreundliche Länder“ einstellen lassen. Nach einem von Putin unterzeichneten Dekret können die Zahlungen jedoch weiter in Euro oder Dollar auf das russische Konto eingezahlt werden. Die Bank tauscht das Geld in Rubel um und überweist es an den Mutterkonzern. Deutschland und weitere Staaten hatten es strikt abgelehnt, in anderer Währung zu zahlen. Die Auswirkungen der geänderten Modalitäten sind noch unklar.

01. April, 10.18 Uhr: Russland: Ukrainische Hubschrauber greifen russisches Treibstofflager an

Ukrainische Hubschrauber haben nach russischen Angaben einen Angriff auf ein Treibstofflager im Westen Russlands geflogen. Zwei tieffliegende ukrainische Armeehubschrauber hätten russisches Territorium überflogen und das Treibstofflager in der Stadt Belgorod angegriffen, erklärte der Gouverneur der Region, Wjatscheslaw Gladkow, am Freitag auf seinem Kanal des Messengerdienstes Telegram. In dem Lager sei ein Feuer ausgebrochen.

Zwei Beschäftigte des Lagers seien durch das Feuer verletzt worden, teilte der Gouverneur weiter mit. Nach Angaben des russischen Katastrophenschutzministeriums waren rund 170 Menschen im Einsatz, um den Brand zu löschen. Der Betreiber des Treibstofflagers, Rosneft, teilte russischen Nachrichtenagenturen mit, die Mitarbeiter seien in Sicherheit gebracht worden.

Am Mittwoch waren Explosionen in einem Waffendepot in der Region Belgorod zu hören gewesen. Die Behörden hatten jedoch keinerlei Angaben dazu gemacht.

Belgorod liegt rund 40 Kilometer von der ukrainischen Grenze und etwa 80 Kilometer von der ukrainischen Stadt Charkiw entfernt. Die Stadt wurde seit dem Beginn der russischen Offensive massiv attackiert.

1. April, 07.28 Uhr: Selenskyj warnt vor "gewaltigen Angriffen" Russlands - Biden: Putin „scheint isoliert zu sein“

Die Kämpfe in der Ukraine gehen ungeachtet der von Russland angekündigten militärischen Deeskalation in der sechsten Woche mit unverminderter Härte weiter. Die Verteidiger melden dabei Erfolge: Russische Einheiten hätten an keiner Stelle Geländegewinne verzeichnen können. Mehrere Siedlungen im südukrainischen Gebiet Cherson seien sogar zurückerobert worden. Auch die Lage in der Hauptstadt Kiew soll sich etwas entspannt haben. EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola brach unterdessen zu einer Reise in die Stadt auf. Für den Morgen kündigte Russland erneut eine Feuerpause in der umkämpften ukrainischen Stadt Mariupol zur Evakuierung von Zivilisten an.

Ukraine meldet militärische Erfolge

Ukrainische Truppen eroberten nach eigenen Angaben in den vergangenen Tagen elf Siedlungen im südukrainischen Gebiet Cherson zurück. Beim Vormarsch im Norden der Region sei ihnen auch schwere russische Militärtechnik in die Hände gefallen, darunter Panzer vom Typ T-64. Nach Angaben des Generalstabs in Kiew konnten russischen Einheiten nirgendwo Geländegewinne verzeichnen. Die östliche Großstadt Charkiw werde weiter beschossen, ein Durchbruchsversuch nahe Isjum sei aber gescheitert. Ein russischer Vorstoß im südlichen Gebiet Mykolajiw sei erfolglos gewesen. Im Norden hätten sich einige russische Einheiten zurückgezogen. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.

Mariupol und weitere Orte müssen sich laut Selenskyjs Einschätzung auf noch hetfigere Angriffe einstellen

Nach Selenskyjs Einschätzung müssen sich Mariupol und weitere Orte im Osten und Süden der Ukraine auf noch heftigere Angriffe Russlands einstellen. Dass die russische Regierung angekündigt habe, die Angriffe auf Kiew und Tschernihiw im Norden des Landes zurückzufahren, sei "Teil ihrer Taktik", sagte Selenskyj in der Nacht zum Freitag in einer Rede.

Die russische Armee wolle sich auf andere wichtige Gebiete konzentrieren, "in denen es schwierig für uns sein kann". Im Donbass, Mariupol und der Gegend um Charkiw seien "gewaltige Angriffe" zu befürchten. Ein hochrangiger Vertreter des US-Verteidungsministeriums warnte, dass Russland sich nun auf den Donbass konzentriere, könne zu einem "noch länger anhaltenden Konflikt" führen.

Militärexperten zufolge will Russland die Gebiete zwischen dem Donbass und der annektierten Krim-Halbinsel einnehmen. Der erbitterte ukrainische Widerstand in Mariupol ist dabei das Haupthindernis.

Die wochenlange Besetzung der Atomruine Tschernobyl gab die russische Armee derweil auf, wie die für das Sperrgebiet im Norden der Ukraine zuständige ukrainische Behörde am Donnerstagabend mitteilte. Später hieß es von der ukrainischen Atombehörde Energoatum, die Russen hätten ukrainische Soldaten mitgenommen, die sie seit Kriegsbeginn als Geiseln gefangen hielten.

Südukraine und Dombass weiter hart umkämpft

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj räumte allerdings auch Probleme an anderen Fronten des Krieges ein. „Die Situation im Süden und im Donbass bleibt äußerst schwierig“, sagte der Staatschef. Russland will nach Ansicht des ukrainischen Generalstabs die militärische Präsenz in der Ost- und Südukraine aufrechterhalten. Es gebe Versuche, eine Verwaltung in den besetzten Regionen der Gebiete Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson aufzubauen, teilte der Generalstab in der Nacht mit. Im Zuge dessen werde damit gerechnet, dass es dort weiterhin zu Kampfhandlungen kommen werde. Russland hatte mitgeteilt, das Gebiet Cherson vollständig erobert zu haben.

Selenskyj bestraft eigene Generäle

Der ukrainische Präsident entzog zwei Generälen ihren Titel, dem früheren Chef des Geheimdiensts SBU, Andrij Naumow, sowie dem Ex-SBU-Chef für das Gebiet Cherson, Serhej Kryworutschko. „Jetzt habe ich keine Zeit, mich um all die Verräter zu kümmern. Aber nach und nach werden sie alle bestraft“, sagte Selenskyj in einer Videobotschaft. Nähere Angaben machte er nicht. Naumow war bereits im vorigen Sommer als Geheimdienstchef abgesetzt worden und hat sich angeblich vor Kriegsbeginn ins Ausland abgesetzt. Er soll Medien zufolge in Schmuggel und Korruption beim Zoll verwickelt sein.

USA: Putin scheint sich zu isolieren

Nach einem entsprechenden Medienbericht hat auch US-Präsident Joe Biden die Vermutung geäußert, dass Russlands Staatschef Wladimir Putin wegen Fehlschlägen im Ukraine-Krieg einige seiner Berater unter Hausarrest gestellt habe. "Er scheint isoliert zu sein und es gibt Hinweise darauf, dass er ein paar seiner Berater gefeuert oder unter Hausarrest gestellt hat", antwortete Biden am Donnerstag in Washington.

Der US-Präsident reagierte damit auf Reporterfragen zu Berichten, wonach Putin von seinen Beratern nicht wahrheitsgetreu über die Probleme beim Ukraine-Feldzug informiert werde. Biden relativierte seine Äußerung allerdings mit dem Nachsatz, dass es "viel Spekulation" gebe und er solchen Angaben nicht zu viel Bedeutung beimessen wolle.

Später legte aber der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, nach. "Wir haben Berichte gesehen, dass verschiedene russische Offizielle ins Abseits gestellt wurden, sich entfremdet haben, im Grunde kaltgestellt oder, wie der Präsident erwähnt hat, unter Hausarrest gestellt wurden", sagte Price. "Wir haben Grund zu der Annahme, dass Präsident Putin sich in die Irre geführt fühlt."

In den Wochen seit Kriegsbeginn seien dem Kreml-Chef "eindeutig ein paar Fehlkalkulationen" unterlaufen, sagte der US-Außenamtssprecher. "Warum sonst sollte er eine Invasion starten, bei der ziemlich klar war, dass sie eine ganze Reihe an Konsequenzen nach sich ziehen würde", hob Price hervor. Putin habe die Lage eindeutig falsch eingeschätzt, "wenn er glaubte, seine Truppen seien in der Lage einen schnellen taktischen Sieg zu erringen".

Stadtkommandant: Lage in Kiew verbessert sich

Unterdessen entspannte sich die Lage in Kiew nach Angaben des Stadtkommandanten etwas. Die Situation rund um die Hauptstadt verbessere sich, hieß es in einer am Donnerstagabend veröffentlichten Mitteilung von General Mykola Schyrnow. Die zivile Infrastruktur werde wiederhergestellt, dies betreffe Unternehmen wie auch Handels- und Dienstleistungseinrichtungen. In den Außenbezirken Kiews werde aber weiter gekämpft. Schyrnow rief die Bevölkerung zur Vorsicht auf. Luftalarmsignale sollten weiter beachtet werden.

EU-Parlamentspräsidentin auf dem Weg nach Kiew

EU-Parlamentspräsidentin Metsola brach zu einer Reise in die Hauptstadt auf. „Auf dem Weg nach Kiew“, schrieb die Christdemokratin am späten Donnerstagabend im Kurznachrichtendienst Twitter. Bereits Mitte März waren die Regierungschefs von Polen, Tschechien und Slowenien mit einem Zug nach Kiew gereist, um sich mit dem Selenskyj zu treffen.

Das wird heute wichtig

Nach Forderungen Deutschlands und Frankreichs will Russland nach eigenen Angaben einen neuen Anlauf für einen humanitären Korridor aus der umkämpften Hafenstadt Mariupol nehmen. Das russische Verteidigungsministerium kündigte eine Feuerpause für den Morgen und den geplanten Beginn der Evakuierung von 9.00 Uhr MESZ an. Zugleich tritt ein von Putin unterschriebenes Dekret in Kraft, wonach westliche Staaten Konten bei der Gazprombank eröffnen müssen, um weiter russisches Gas zu bekommen. Demnach kann auf das russische Konto weiter in Euro oder Dollar eingezahlt werden. Russlands Außenminister Lawrow trifft derweil seinen indischen Kollegen in Neu Delhi. Der Ukraine-Konflikt ist auch Thema beim EU-Gipfel mit China. Per Videokonferenz kommen Spitzenvertreter der EU mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und Regierungschef Li Keqiang zusammen.

Im Ukraine-Krieg wird die Hoffnung auf eine Evakuierungsaktion für Zivilisten im eingekesselten Mariupol durch die Furcht vor noch heftigeren Angriffen der russischen Armee überschattet. Ein humanitärer Korridor aus Mariupol hinaus soll nach russischen Angaben am Freitagmorgen öffnen. Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj warnte in der Nacht vor "gewaltigen Angriffen" auf Mariupol und andere Orte. Aus Solidarität mit der Ukraine reiste EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola nach Kiew.

Ein humanitärer Korridor von Mariupol ins 220 Kilometer entfernte Saporischschja werde um 10.00 Uhr (Ortszeit; 09.00 Uhr MESZ) "wieder geöffnet", hatte das russische Verteidigungsministerium am Donnerstag erklärt. Die Maßnahme folge einem "persönlichen Appell" von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron an Kreml-Chef Wladimir Putin. Sie solle "unter direkter Beteiligung von Vertretern des UN-Flüchtlingskommissars und des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK)" umgesetzt werden.

Das IKRK will in 45 Bussen zahlreiche Menschen aus Mariupol herausholen und zugleich zwei Lastwagen voller Hilfsgüter in der belagerten Stadt entladen. In Mariupol sind seit Wochen zehntausende Zivilisten von jeglicher Versorgung abgeschnitten. Die humanitäre Situation in der Hafenstadt wird von Hilfsorganisationen als katastrophal beschrieben. Evakuierungsversuche waren in den vergangenen Wochen mehrfach gescheitert.

Nach Selenskyjs Einschätzung müssen sich Mariupol und weitere Orte im Osten und Süden der Ukraine auf noch heftigere Angriffe Russlands einstellen. Dass die russische Regierung angekündigt habe, die Angriffe auf Kiew und Tschernihiw im Norden des Landes zurückzufahren, sei "Teil ihrer Taktik", sagte Selenskyj in der Nacht zum Freitag in einer Rede.

Die russische Armee wolle sich auf andere wichtige Gebiete konzentrieren, "in denen es schwierig für uns sein kann". Im Donbass, Mariupol und der Gegend um Charkiw seien "gewaltige Angriffe" zu befürchten. Ein hochrangiger Vertreter des US-Verteidungsministeriums warnte, dass Russland sich nun auf den Donbass konzentriere, könne zu einem "noch länger anhaltenden Konflikt" führen.

Militärexperten zufolge will Russland die Gebiete zwischen dem Donbass und der annektierten Krim-Halbinsel einnehmen. Der erbitterte ukrainische Widerstand in Mariupol ist dabei das Haupthindernis.

Die wochenlange Besetzung der Atomruine Tschernobyl gab die russische Armee derweil auf, wie die für das Sperrgebiet im Norden der Ukraine zuständige ukrainische Behörde am Donnerstagabend mitteilte. Später hieß es von der ukrainischen Atombehörde Energoatum, die Russen hätten ukrainische Soldaten mitgenommen, die sie seit Kriegsbeginn als Geiseln gefangen hielten.

Nach ihrem Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar war der russischen Armee eine schnelle Eroberung des Landes nicht gelungen. Nach Erkenntnissen der USA und Großbritanniens haben Putins Berater den Kreml-Chef im Unklaren über Probleme bei der Ukraine-Invasion gelassen, was zu Fehleinschätzungen geführt habe. "Er scheint isoliert zu sein und es gibt Hinweise darauf, dass er ein paar seiner Berater gefeuert oder unter Hausarrest gestellt hat", sagte US-Präsident Joe Biden über Putin.

Als erste Chefin einer EU-Institution seit Kriegsbeginn wurde am Freitag die Europaparlamentspräsidentin Metsola in Kiew erwartet. Sie teilte am Donnerstagabend via Twitter mit, dass sie auf dem Weg in die ukrainische Hauptstadt sei.

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, reiste nach einem Besuch in der Ukraine in die russische Exklave Kaliningrad. Dort wollte er am Freitag mit hochrangigen russischen Regierungsvertretern Gespräche führen.

Der Ukraine-Krieg hat weitreichende Auswirkungen auf den Energie-Markt. Biden kündigte wegen des hohen Erdölpreises an, ein halbes Jahr lang täglich eine Million Barrel aus den strategischen Ölreserven der USA freizugeben. Die Ölpreise an der New Yorker Börse fielen daraufhin um mehrere Prozent. Nach Putins Ankündigung, dass für Gaslieferungen in EU-Länder ab Freitag Rubel-Konten in Russland erforderlich sind, beharrte Kanzler Scholz, dass Gaslieferungen in Euro oder Dollar gezahlt würden.

yb/ ck

(dpa/afp)