Kriminalität: „Oma, rat’ mal wer hier ist!“
In Kursen lernen Senioren, wie sie sich vor Straftaten schützen können. Auch Selbstbewusstsein lässt sich trainieren und hilft dabei, so manchen Straßendieb abzuschrecken.
<strong>Düsseldorf. Wenn Edith Bähr allein unterwegs ist, hat sie oft Angst. "Einmal hat mich ein Radfahrer so bedrängt, dass ich hingefallen bin - meine Tasche konnte ich gerade noch festhalten", erzählt die 75-Jährige. "Ich möchte mich gerne sicherer fühlen." Deshalb hat sie sich zu einem Senioren-Seminar der Düsseldorfer Polizei angemeldet. In einem dreitägigen Kurs lernen ältere Menschen, wie sie sich vor Straftaten schützen können. Die sieben Kursteilnehmerinnen - dieses Mal sind es nur Frauen - können es kaum glauben, aber: "Laut Kriminalstatistik sind Senioren die am wenigsten gefährdete gesellschaftliche Gruppe", sagt Seminarleiter Lutz Türk. Allerdings gibt es einige "seniorentypische Delikte", auf die sich manche Täter spezialisiert haben: Enkeltrick, Handtaschenraub oder Trickdiebstahl gehören dazu. Und: Laut einer Studie leiden Senioren ungleich stärker unter den Folgen von Straftaten als jüngere Menschen. In einem Rollenspiel lernen die Teilnehmerinnen, wie sie anderen Menschen Grenzen setzen können. Was sollten sie tun, wenn ihnen ein Fremder auf dem Bürgersteig so aggressiv entgegenkommt, dass er sie umzurennen droht? Eine der Frauen probiert es auf die vorsichtige Art: "Hallo, Moment mal", spricht sie ihre "Kontrahentin" fast schüchtern an. Kursleiter und -kolleginnen sind unzufrieden: "Das war viel zu freundlich, das schreckt niemanden ab." Die 74-jährige Agnes Quitsch dagegen macht es besser: "Stopp! Bleiben Sie stehen", ruft sie mit energischer Stimme und grimmigem Gesicht. "Gestik, Mimik und Körperhaltung sind in solchen Situationen sehr wichtig", betont Kriminalhauptkommissar Türk. Eine stabile Körperhaltung, dem anderen in die Augen sehen, die Stimme heben - schon das schrecke so manchen Straßendieb ab. "Auch wer in Wirklichkeit nicht selbstbewusst ist, kann selbstbewusst erscheinen - das kann man trainieren."
Gefährliche Situationen werden in den Seminaren nachgespielt
Der 47-Jährige bietet seit 1999 kostenlose Präventionsseminare an. Mögliche gefährliche Situationen werden dort eingehend diskutiert oder nachgespielt: Ein Unbekannter klingelt an der Tür und gibt sich als Polizist aus; in einem Bus wird ein alter Mann von Mitfahrern belästigt; am Telefon bittet ein angeblicher Verwandter um Geld.
Opfersuche: Die Täter suchen vermutlich Telefonbücher nach allein stehenden Personen ab. Namen wie Ilse, Alma, Käthe bei Frauen oder Paul, Gustav oder Otto lassen auf ein höheres Alter schließen.
Kontaktaufnahme: "Hallo Oma, rat mal wer hier ist?" So gefragt bzw. verunsichert wird dann häufig der Name eines Enkels genannt. Darauf hat der Täter nur gewartet. Er bestätigt den Namen und schildert dann eine angebliche Notlage.
Die Abzocke: In vielen Fällen hoben die Geschädigten nach solchen Gesprächen hohe Geldbeträge ab, um dem vorgeblichen Enkel oder anderen Verwandten zu helfen.