Lebenslange Haft für Mord an Küsterin
Braunschweig (dpa) - Mord am Hochzeitstag: Weil ein 54-Jähriger in einer Kirche im Harzstädtchen Braunlage seine Frau aus nächster Nähe erschossen haben soll, muss er lebenslang hinter Gitter.
Am 27. Hochzeitstag hatte der Mann erfahren, dass sich die 48 Jahre alte Küsterin und Mutter seiner zehn Kinder von ihm scheiden lassen wollte. Obwohl der 54-Jährige während des dreimonatigen Prozesses vor dem Landgericht Braunschweig schwieg, hatte das Gericht am Montag biem Urteil keine Zweifel an seiner Schuld.
Auch zwei seiner Kinder wurden in die Tat hineingezogen: Sie mussten ihrem Vater helfen, die Leiche der Mutter in den Keller zu bringen und das Blut wegzuwischen. Sie hatten vor der Kirche gestanden, als der Schuss fiel und waren daraufhin hineingelaufen.
Vermutlich habe der Mann erst am Tattag den Entschluss gefasst, seine Frau zu töten, sagte der Vorsitzende Richter Ralf-Michael Polomski. Nach Überzeugung der Kammer hatte der 54-Jährige das Gewehr kurz vor der Tat in der Toilette der katholischen Kirche versteckt. Direkt nach einem Gottesdienst habe er seine Frau in der Sakristei dann mit einem Schuss in den Hinterkopf getötet. Ob der Mann sie zuvor noch zu überzeugen versuchte, die Scheidung zurückzunehmen, blieb unklar.
„Er hat die Arg- und Wehrlosigkeit der Frau ausgenutzt“, sagte der Richter in seiner fast zweistündigen Urteilsbegründung. Das Projektil sei fast waagerecht in den Hinterkopf der nur 1,50 großen Frau eingedrungen. Sie habe keine Chance gehabt, sich zu wehren.
Der Angeklagte hatte einem Gutachter gesagt, sein 20 Jahre alter Sohn habe geschossen. Das Gericht glaubte jedoch der 12-jährigen Tochter, die ausgesagt hatte, mit ihrem Bruder während der Tat vor der Kirche gestanden zu haben. Ein anderes Mal ließ der Beschuldigte über seinen Anwalt anklingen, er habe die Waffe seiner Frau nur zeigen wollen, dabei habe sich der Schuss versehentlich gelöst. Alle Aussagen hielt das Gericht für unglaubwürdig.
Der Mann wurde auch wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Denn der 54-Jährige hatte der 12 Jahre alten Tochter ein weißes Pulver - angeblich Zucker - gegeben, das das Mädchen auf Anweisung des Vaters heimlich in den Tee der Mutter gab. „Er hat seine Tochter als Werkzeug benutzt“, sagte Polomski. Zugunsten des Angeklagten habe die Kammer jedoch angenommen, er habe die Frau mit den Medikamenten nicht töten, sondern nur schwächen wollen. Möglicherweise habe er sich eine Rückkehr in die Familie erhofft.
Die ältesten fünf der zehn Kinder waren als Nebenkläger zugelassen. „Wir Kinder haben uns nichts anderes gewünscht, als zu erfahren, was wirklich passiert ist“, sagte der von seinem Vater belastete Sohn nach der Urteilsverkündung.
Für die besondere Schwere der Schuld, wie sie die Oberstaatsanwältin zusätzlich zur lebenslangen Haftstrafe beantragt hatte, sah das Gericht keine rechtlichen Gründe gegeben. Ansonsten hätte der Mann auch nach 15 Jahren bei guter Führung keine Chance auf eine frühzeitige Entlassung gehabt.