Schule Lehrer — auf jeden Fall sind es immer zu wenig

Unterrichtsausfall: Rechtzeitig zum neuen Schuljahr streiten sich Regierung und Opposition um Begriff und Erfassung von Unterrichtsausfall. Ein Thema mit langer Vorgeschichte und wechselnden Rollen.

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Düsseldorf. Unterrichtsausfall — für Nordrhein-Westfalens Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) spielt er in ihrem Ausblick auf die Schulentwicklung keine Rolle, für die CDU im Land gehört er zu den Themen, die sie — nach einem Wahlsieg 2017 — neu angehen möchte. Ziel: die flächendeckende Erfassung.

„Die dafür erforderlichen Lehrer möchte ich lieber für den Unterricht einsetzen“, wehrte Löhrmann letzten Freitag eine Frage zum Ansinnen der CDU ab und zitierte genüsslich Akten aus der Zeit der schwarz-gelben Landesregierung (2005 bis 2010). Die nämlich hatte eine computergestützte Statistik über den Unterrichtsausfall angekündigt. Das Projekt SchILD NRW (Schulstatistik auf Schülerindividualdaten) sollte 2008/09 einsatzreif sein, ging aber still und leise unter.

Stattdessen setzte die Regierung auf Transparenz und Aussagekraft durch jährliche Stichproben. Im Februar 2010 antwortete sie auf eine Große Anfrage der SPD: Die von der Opposition geforderte „zentrale, flächendeckende und ganzjährige Dokumentation von Unterricht und Unterrichtsausfall“ erfordere 220 Stellen — man wolle lieber mehr Stellen für Unterricht einsetzen. Vertauschte Rollen.

1,7 Prozent ersatzlos ausgefallenen Unterricht haben jüngste, im Schuljahr 14/15 erhobene Stichproben ausgemacht. Das Schulministerium weist in seinem Bericht zum Thema darauf hin, dass das kaum Rückschlüsse auf die „tatsächliche Unterrichtsversorgung“ zulasse. Wenn Lehrer zum Beispiel durch Kurmaßnahmen ausfallen, könne Unterricht vorbereitet werden und müsse nicht ausfallen. Eine „unvorhersehbare zeitgleiche Häufung kurzfristiger Erkrankungen von mehreren Lehrkräften“ dagegen könne „Unterrichtsausfälle nicht gänzlich verhindern“.

Auch die CDU sieht das Problem nicht in der Erfassung — die heute „per Mausklick viel einfacher möglich ist“, sagt der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Klaus Kaiser — sondern, in der Definition des Begriffs. Wenn vom ausfallenden Lehrer vorbereitete Freiarbeit geleistet werde, sei das etwas ganz anderes, als wenn ein Fernseher in den Raum geschoben werde oder ein fachfremder Lehrer vertrete, so der Schulexperte weiter. Die CDU will deshalb gemeinsam mit Lehrern, Eltern und Regierung klare Kriterien für Unterrichtsausfall erarbeiten. Rot-Grün aber verweigere eine Messung aus wahltaktischen Gründen.

Udo Beckmann, Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung, warnt davor, Unterrichtsausfall als „eigenverantwortliches Arbeiten“ zu verschleiern und betont den Einsatzwillen der Lehrkräfte, der noch Schlimmeres verhindere. Was das Burnout-Risiko erhöhe. Er fordert eine Stellenreserve von 8 Prozent.