Mailänder Modewoche: Neue Namen und Frauenpower
Mailand (dpa) — Italien steht vor einem Generationswechsel. Während in Rom der 39-jährige Matteo Renzi die Politik reformieren will, setzt in Mailand eine neue Designergarde an, die Zukunft der italienischen Mode zu prägen.
Dass da viel Potenzial ist, zeigten die am Montag zu Ende gehenden Defilees der Milano Moda Donna mit den Trends für die Saison Herbst/Winter 2014/2015.
Erneuerung braucht die italienische Mode dringend. Giorgio Armani wird in diesem Jahr 80, Mariuccia Mandelli (Krizia) ist in der gleichen Altersklasse. Labels wie Byblos oder Genny sind ein Schatten ihrer großen Tage. Das Modehaus Gianfranco Ferré konnte dieses Mal überhaupt keine Kollektion vorweisen. All diese Namen haben Mailands Ruf als Modemetropole mitbegründet. Nun müssen ihn andere bewahren. Nur wer?
Vielleicht MSGM oder Stella Jean, die sich erst zum zweiten Mal auf den Mailänder Laufstegen präsentieren. Und die bereits jetzt mit ihren farbfrohen Kollektionen Presse und Einkäufer begeistern.
Auch das Designerduo Aquilano.Rimondi oder Gabriele Colangelo sind Namen, die wohl nur Insidern etwas sagen, obwohl sie schon etwas länger zu den Mailänder Protagonisten zählen. Sie eint die Liebe zur Schnittkunst und zur Materialrecherche. Der Zufall wollte es nun, dass beide Shows am Samstagabend direkt hintereinanderliefen.
Roberto Rimondi und Tommaso Aquilano zeigten weite, lange Silhouetten, die von vielen Designern für die nächste kalte Jahreszeit propagiert werden. Unter den Mänteln blitzen plissierte Chiffonröcke hervor. Pelz taucht als Bordüre oder im peppigen Patchwork-Arrangement auf. Rock-auf-Rock-Optiken werden im spannenden Materialmix dargeboten.
Davor überzeugte Gabriele Colangelo unter anderem mit Kleidungsstücken, die sich aus übereinandergelegten Stoffstücken formierten, und futuristisch anmutenden, überschnittenen Pullovern. Kein Wunder, dass der Name dieses hochtalentierten Designers immer wieder aus der Gerüchteküche kommt, wenn es heißt: Wer wird Jil Sanders Nachfolger?
Die Hamburgerin hatte ihr Label im vergangenen Jahr verlassen. Die am Samstag vorgeführte Kollektion wurde von einem anonymen Designteam entworfen. Schöne Mäntel, perfekt sitzende Hosen, viele monochrome Looks, dezente diagonal laufende Muster, sanfte Farben. Was fehlte war das Überraschende, das Neue, der Mut. Womöglich hat man sich auch deshalb auf Sander-Klassiker beschränkt, um einem neuen Designer den Einstieg leichter zu machen. Oder einer neuen Designerin.
Denn so wie Matteo Renzi sein Kabinett zur Hälfte mit Ministerinnen besetzt, sind auch in Mailands Modehauptstadt die Frauen eine starke Macht. Miuccia Prada ist ohnehin eine Klasse für sich. Frida Giannini (für Gucci), Alessandra Facchinetti (für Tod's) oder Fiona Cibani (für Ports 1961) zeigten klare, moderne, aber doch raffinierte Kollektionen.
Doch natürlich hat die Mailänder Mode noch andere Facetten. So schwelgt sie auch in der großen, theatralischen Geste und schafft Kleiderkunstwerke aus den aberwitzigsten Material-Kontrasten, selbst Pelz-Applikationen auf Neopren waren zu sehen. Stofflichkeit und Handwerk sind Mailands traditionelle Stärken. Sie werden im Herbst/Winter 2014/15 voll ausgespielt.
Wie man Opulenz in eine moderne Fassung bringen kann, bewies am Sonntag Consuelo Castiglioni für ihr Label Marni. Auch sie brachte unheimlich viel Weite in die Silhouette, hier und da gebändigt von breiten Gürteln. Grafisch gemusterte Pelzmäntel, mit einem Neopren-Bustier akzentuierte Pullover, lange geraffte Röcke mit Reißverschluss-Details sind nur einige Beispiele aus Marnis Ideen-Pool.
Und das haben die Designer Shows übergreifend der Frau in der kommenden kalten Jahreszeit zu bieten: überweite Mäntel, Pullover und Kleider aus flauschigem Mohair und Angora, ausgestellte Rockformen, verkürzte Hosen, viel Pelz.
Als Basis gibt es sehr viel bequemes Schuh- und Stiefelwerk. Selbst Jimmy Choo, ein für glamouröse Highheels bekanntes Label, stellte im Showroom ein breites Sortiment an flachen Modellen aus. Auch hier hat man inzwischen erkannt, dass die moderne Frau nicht dekorativ im Leben steht, sondern es aktiv durchschreitet.