Manfred Krug: Der Mann mit den zwei Leben
Im Osten zunächst gefeiert, dann von der Stasi verfolgt und später ein Held im Westen: Manfred Krug wird Mittwoch 75.
Berlin. Nach eigenem Bekunden ist Manfred Krug „als Schauspieler auf die Welt gekommen“. Schon in frühen Jahren hat er Hollywoods Star-Cowboy Gary Cooper verehrt. Denn der „hat nie etwas anderes gespielt als sich selbst, und das ist die Hohe Schule“, wie Krug in seinen Jugenderinnerungen „Mein schönes Leben“ schrieb. 1949 als Junge mit seinem Vater in die DDR übergesiedelt und 1977 nach dem Protest gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns wieder in den Westen gegangen, gilt er als einer der wenigen Ost-West-Schauspieler. Am Mittwoch wird der 1937 in Duisburg Geborene 75 .
Aus diesem Anlass blickt er auf sein Leben zurück. Mit seinem „Bilderbuch — Ein Sammelsurium“ machte er sich selbst ein Geburtstagsgeschenk und öffnete die Koffer und Kisten vom Dachboden mit Fotos und Texten. Auf jeden Fall hat Krug viel zu erzählen. Immerhin war er in der DDR der „Tausendsassa der DEFA-Filme“, wo er in den Babelsberger Studios seit 1961 unter Vertrag stand. Da gab es den einen oder anderen „schrecklichen Film“, erinnert er sich. Auch im Fernsehen seien es „oft klägliche, agitatorische Ost-West-Stücke“ gewesen. „Aber ich wollte lernen, ich wollte spielen, ich wollte mich zeigen.“
Mit Filmen wie „Mir nach, Canaillen!“, „Wege übers Land“, „Fünf Patronenhülsen“ und „Auf der Sonnenseite“ wurde Krug einer der populärsten Kino- und Fernseh-Schauspieler des Ostens, der von 1969 bis 1973 mehrmals zum Publikumsliebling gewählt wurde. Später gehörte er zu den Künstlern, die auch in der Bundesrepublik den Anschluss fanden.
Dort wurde der brummige „Tatort“-Kommissar Stoever als „deutscher Kojak“ ein Fernsehstar, und als „Liebling Kreuzberg“ war Krug der populäre Anwalt, der ein Herz für die kleinen Leute hat. Im ARD-Vorabendprogramm war Krug jahrelang der abenteuerlustige Truckerfahrer, der weltweit „Auf Achse“ war und wurde zum TV-Liebling.
Vom aktiven Schauspielberuf hat sich „Manne“ bereits mit dem Eintritt ins offizielle Rentenalter zurückgezogen — ungewöhnlich genug für seine Zunft. Aber gesundheitliche „Warnschüsse“ wie ein Schlaganfall 1997 hatte Krug denn doch nicht ganz ignorieren wollen. Aber mit „Jazz und Lyrik“ tritt der leidenschaftliche Jazzinterpret und Chansonsänger immer noch auf — mit der Sängerin Uschi Brüning.
Wie vom Donner gerührt war der ansonsten eher unerschrockene Schauspieler, als der 1965 gedrehte Frank-Beyer-Film „Spur der Steine“ mit Krug als aufmüpfig-anarchistischem Baubrigadier von der SED verdammt wurde und schnell wieder aus den Kinos verschwand sowie von Stasitrupps gestört wurde. „Meine bis dahin schönste Rolle — futsch.“ Der Film habe „+zwei Sorten Elend“ in der DDR gezeigt, wie Krug schreibt: „Die verheuchelte Parteimoral einerseits und die katastrophalen Arbeitsvoraussetzungen andererseits.“
Das Fass zum Überlaufen brachte 1976 die Ausbürgerung von Wolf Biermann. Nach dem Künstlerprotest, dem sich Krug angeschloss, wurde er beruflich kaltgestellt und von Stasi-Leuten verfolgt. Zur Stasi hat er dementsprechend eine eindeutige Meinung, er ist gegen einen Schlussstrich: „Die sollen sich ruhig noch eine Weile gruseln davor, dass da noch etwas rauskommen kann“, meinte er dieser Tage.
1977 siedelte er in den Westen über: „Ich hatte Angst, die größte Angst in meinem Leben. Nochmal von vorn anfangen? Aber kriech’ ich zu Kreuze, bin ich kaputt. Kriech’ ich nicht, machen sie mich kaputt.“ Also wagte er den Schritt. Der Neuanfang im Westen gelang, das „zweite Leben“ begann.