Massen-Hysterie: Schwere Vorwürfe gegen Centro
Laut NRW-Minister wurde der Ernst der Lage verkannt.
Düsseldorf (dpa) - Nach der Massenhysterie mit 60 Verletzten bei einer Autogrammstunde zur Show „Deutschland sucht den Superstar“ sieht Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) gravierende Versäumnisse. Erst sei die Besucherzahl bei der Veranstaltung im Centro Oberhausen völlig falsch eingeschätzt worden, dann habe man Polizei und Feuerwehr zu spät alarmiert, sagte er.
Indirekt kritisierte Jäger im Innenausschuss des Landtags in Düsseldorf das Management des Einkaufszentrums. Es stelle sich „in jedem Fall“ die Frage, ob der Betreiber seine Pflichten gegenüber den vor der Tür stehenden Besuchern erfüllt habe, sagte der Minister.
Laut Jäger ist unklar, wer Veranstalter der Autogrammstunde mit Kandidaten der RTL-Castingshow war. Sofern es der Fernsehsender war, hätte das Centro die Verantwortung für die Sicherheit auf den Privatsender übertragen können, wie Jäger erklärte.
RTL hatte nach dem Vorfall am Sonntag betont, die außer Kontrolle geratene Autogrammstunde sei eine Veranstaltung des Centros gewesen. Mit schätzungsweise 15 000 Besuchern kamen mindestens dreimal so viele Menschen wie erwartet. Die Autogrammstunde wurde abgebrochen, doch von außen drückte die Menge nach. 60 Jugendliche zogen sich Verletzungen zu. 28 von ihnen mussten im Krankenhaus weiterbehandelt werden. Gegen das Centro waren auch vonseiten der Stadt Oberhausen Vorwürfe laut geworden.
Nach Jägers Erkenntnissen, wurden die Hilfskräfte nicht vom Management des Einkaufszentrums herbeigerufen, sondern von bereits anwesenden Einsatzkräften des Roten Kreuzes. Die Retter hätten unverzüglich und besonnen gehandelt, betonte Jäger. „Dadurch konnte Schlimmeres verhindert werden.“
Aufklärung verspricht sich der Minister von einem Bericht der Stadt Oberhausen, der bis Montag vorliegen soll. Darin gehe es unter anderem um das Vertragsverhältnis zwischen Centro und RTL. „Zu beantworten ist auch die Frage, welche Maßnahmen der Betreiber zum Schutz der Besucher getroffen hat, die sich vor der Tür stauten.“
Sobald der Bericht vorliege, werde geprüft, „ob der Vorfall Anlass ist, das geltende Veranstaltungsrecht zu ändern oder zu ergänzen“, bekräftigte der Minister. Die Sicherheitsvorschriften für Großveranstaltungen waren erst nach der Katastrophe bei der Loveparade in Duisburg verschärft worden. Damals waren bei einer Massenpanik 21 Menschen gestorben.