Mehr als 600 Unwetter-Tote in Brasilien
Rio de Janeiro (dpa) - In Brasilien ist kein Ende der Unwetter- Katastrophe in Sicht. Mehr als 610 Tote zogen die Helfer bislang aus den Trümmern und Schlammmassen im bergigen Hinterland von Rio de Janeiro.
Die Arbeit der Rettungskräfte wird immer wieder durch neue Regenfällen behindert.
In dem Ort Sumidouro sind nach Medienberichten noch etwa tausend Familien von der Außenwelt abgeschnitten. Es fehlt an Lebensmitteln, Trinkwasser, Benzin und Strom. Einige Opfer wurden begraben, ohne dass sie von Angehörigen identifiziert werden konnten.
Am schlimmsten traf es die Stadt Nova Friburgo, wo die Behörde bislang 274 Todesopfer meldete. In Teresópolis starben mindestens 263 Menschen, in Petrópolis 55 und in Sumidouro 19. Am Sonntag - dem Tag vier, nach dem gewaltige Schlammlawinen ganze Ortschaften in der Bergregion verwüsteten - ist es den Rettungsteams immer noch nicht gelungen, zu allen Orten vorzudringen. Einige Straßen wurden am Samstag durch neue Erdrutsche und Überschwemmungen blockiert.
In Teresópolis bildeten sich lange Schlangen vor den Gebäuden, wo Angehörige die aufgebahrten Leichname identifizieren sollten. „Ich warte schon seit drei, vier Stunden hier“, sagte eine junge Frau, die ihre Mutter und ihren Vater vermisst. „Ich hoffe nicht, dass ich sie hier finde.“ Einige Bewohner der Serrana-Region haben ganze Familien verloren. Die Zahl der Vermissten ist noch ungewiss.
Rios Gouverneur Sérgio Cabral verordnete eine von Montag an geltende siebentägige Staatstrauer für den Bundesstaat. Zwar habe die laufende Rettungsaktion jetzt oberste Priorität und nicht etwa die Klärung der Schuldfrage. Doch Cabral ließ keinen Zweifel daran, dass er die Verwaltungen der Städte für mitverantwortlich an der Tragödie hält. Sie hätten es zugelassen, dass immer mehr Häuser in erdrutschgefährdeten Gebieten errichtet worden seien.
„Es ist eine Pflicht der Städte und des Bundesstaates, illegale Besiedlungen zu stoppen und so zu verhindern, dass noch mehr Menschen sterben“, sagte Cabral. Allerdings ergehen jedes Jahr ähnliche Appelle, wenn vor allem in den regenreichen Monaten Januar/Februar bei Erdrutschen in Brasilien viele Menschen sterben. Die Zeitung „O Dia“ kommentierte am Sonntag: „Die größte Katastrophe in der Geschichte Brasiliens war eine Tragödie mit Ankündigung.“