Welle im Netz #MeToo: Zehntausende Frauen berichten von sexuellen Übergriffen
Die Affäre Weinstein und die Folgen: Zehntausende Frauen haben sich im Internet als Opfer sexueller Übergriffe von Männern zu erkennen gegeben. Weinsteins einstiges Imperium ist auf eine Finanzspritze angewiesen. Und Woody Allen verstolpert sich mit einem Kommentar.
New York/Los Angeles. Zehntausende Frauen haben sich im Internet nach den Vorwürfen gegen Filmproduzent Harvey Weinstein als Opfer sexueller Übergriffe von Männern zu erkennen gegeben. Ausgelöst wurde die Flut von Kommentaren durch Schauspielerin Alyssa Milano, die vor allem durch die Fernsehserien „Wer ist hier der Boss?“ und „Charmed - Zauberhafte Hexen“ bekannt ist. In einem Tweet forderte die 44-Jährige alle Frauen auf, die Opfer sexueller Übergriffe wurden, sich mit dem Hashtag #MeToo („Ich auch“) zu Wort zu melden.
„Wenn alle Frauen, die sexuell belästigt oder genötigt wurden, „Me too“ als Status schreiben, könnten wir den Menschen das Ausmaß des Problems bewusst machen“, schrieb die 44-Jährige. Milano hatte in der Serie „Charmed“ an Seite von Schauspielerin Rose McGowan vor der Kamera gestanden, die Weinstein gemeinsam mit anderen Frauen sexuellen Missbrauch vorwirft.
Am Montag wurden US-Medien zufolge bereits mehr als 200 000 Tweets mit dem Hashtag #MeToo veröffentlicht. Auch männliche Stimmen meldeten sich zu Wort, darunter der schwule Broadway-Schauspieler Javier Muñoz.
Das Filmstudio The Weinstein Company (TWC) wird nach dem Sex-Skandal nun möglicherweise von einem Investor geschluckt. Die Firma gab eine vorläufige Einigung mit der Beteiligungsgesellschaft Colony Capital bekannt, die eine sofortige Finanzspritze und Gespräche über eine Übernahme aller oder wesentlicher Teile des Geschäfts vorsieht. Zu den finanziellen Bedingungen gab es zunächst keine Angaben.
„Wir werden dem Unternehmen helfen, zu seiner rechtmäßigen Stellung als Ikone der unabhängigen Film- und Fernsehindustrie zurückzukehren“, erklärte der Colony-Capital-Chef Thomas Barrack. Die neuen Investitionen würden helfen, die „laufenden Geschäfte zu stabilisieren“, sagte Tarak Ben Ammar, Mitglied des auf vier Mitglieder geschrumpften TWC-Vorstands.
Weinsteins Firma, die er zusammen mit seinem Bruder Bob gründete, hatte den berühmten Hollywood-Produzenten entlassen. Mehrere Projekte wurden abgesagt, etwa eine Serie des Streaming-Anbieters Amazon mit Robert De Niro und Julianne Moore. Laut „Los Angeles Times“ waren für zwei Staffeln 160 Millionen Dollar (135 Mio Euro) Budget vorgesehen. Auch Apple und Disney sagten Projekte ab.
Unterdessen distanzierten sich weitere Prominente von Weinstein. „Er ist ein Monster“, sagte etwa der Regisseur J.J. Abrams („Star Wars: Das Erwachen der Macht“) dem US-Magazin „The Hollywood Reporter“.
Der Regisseur Woody Allen („Der Stadtneurotiker“) machte mit Bemerkungen auf sich aufmerksam, in denen er Mitleid mit Filmproduzent Harvey Weinstein auszudrücken schien. Die Vorwürfe seien „tragisch für die armen Frauen, die betroffen waren“, aber auch „traurig für Harvey, dass sein Leben so verkorkst ist.“ Allen warnte vor einer „Hexenjagd“ gegen „jeden Kerl, der in einem Büro einer Frau zuzwinkert“ und der in solch einer Atmosphäre plötzlich seinen Anwalt rufen müsse.
Später stellte Allen klar, dass er Weinstein für einen „traurigen, kranken Mann“ halte und das mit seinem Kommentar auch habe ausdrücken wollen. Allen selbst wird seit den 90er Jahren von seiner eigenen Tochter sexueller Missbrauch vorgeworfen. Laut BBC half Weinstein Allen, seine Karriere nach dem Bekanntwerden wieder aufzubauen. Allen erklärte, von den Vorwürfen gegen Weinstein nichts gewusst zu haben.
Nachdem Weinstein wegen der Vorwürfe bereits aus der Oscar-Akademie ausgeschlossen worden war, drohen ihm auch Konsequenzen in Frankreich. Staatspräsident Emmanuel Macron dringt darauf, Weinstein die Auszeichnung der Ehrenlegion zu entziehen: „Ja, ich habe in der Tat die Schritte eingeleitet, um die Ehrenlegion zu entziehen.“