Michael Hoffmann: Der Koch des Jahres erntet selbst
Michael Hoffmann, Besitzer des Berliner Restaurants Margaux, setzt eher auf Gemüse statt Fleisch.
Berlin. Michael Hoffmann geht neue Wege. Der Sternekoch aus dem Berliner Regierungsviertel hat die Gänsestopfleber von der Karte genommen, aus ethischen Motiven, und auch den im Bestand bedrohten Thunfisch.
Tomaten gibt es nur noch zweieinhalb Monate im Jahr, so lange, wie er sie mit anderen Kräutern und Gemüse im eigenen Garten ernten kann.
"Koch & Gärtner" steht unter der Speisekarte im Restaurant "Margaux" unweit des Brandenburger Tores. In den edel mit Onyx-Gestein verzierten Räumen serviert Hoffmann in Kalbsfond gelierte Makrele oder in Meersalz gegarte Taube mit einem Sandwich von Boskop-Apfel und Sauerampfer.
Im Gemüsemenü kommen Gewürzgurken-Eierstich und Kartoffel-Esspapier vor oder die kandierte Aubergine mit geräucherter Topinambur-Creme, gebratenen Salatstielen und Koriandersaat.
"Ich habe mich vom Französischen verabschiedet", sagt Hoffmann, der jetzt von der "Feinschmecker"-Redaktion zum "Koch des Jahres 2010" gekürt worden ist. Die Bewertungen der Hamburger gelten als wichtige Ehrung, gleich nach den Sternen des "Michelin"-Führers, (ein Stern für Hoffmann) und den Punkten des "Gault-Millau" (17 von 20 Punkten).
Hoffmann bekommt leuchtende Augen, wenn er von seinem Garten spricht: "Der hat mich richtig geerdet", sagt der Hesse, der in Dillingen "mitten im Wald" aufwuchs und der Großmutter beim Kochen half. In 17 Küchen arbeitete er, auch bei Eckart Witzigmann und im Hamburger Hotel "Vier Jahreszeiten", bevor er vor zehn Jahren das "Margaux" übernahm, das er seit 2003 allein besitzt.
"Mich haben vor allem die Produzenten beeinflusst, weniger die Köche", sagt Hoffmann. "Wie zieht man das Huhn auf, wie wird Käse hergestellt, wo gibt es die besondere Kartoffel, die alte Gemüsesorte, das war mir wichtig." So kam er zum eigenen Garten, 2000Quadratmeter groß im Havelland, mit altem Glashaus aus DDR-Zeiten.
Dreimal in der Woche fährt Hoffmann in der Gartensaison nach Krielow, wo zehn Tomatensorten, rote Helmbohnen, vier alte Spinatsorten,diverse Karotten, Sauerampferoder Minifenchel wachsen."Das Gemüse ist die Herausforderung", sagt Hoffmann. Gerade in Berlin, wo es heute noch schwierig sei, gute Produkte zu bekommen.
"Man war so lange eingemauert und hat sich mit der zweiten Wahl zufriedengegeben." Ein bisschen Marketing-Konzept ist bei der neuen Gemüseküche dabei, gibt Hoffmann zu. "Aber ich bin kein Pseudogärtner, es ist ein ehrliches Alleinstellungsmerkmal." Nach seiner Ansicht müsse man in der Küche umdenken, nicht jeden Tag importierten Spargel essen, verantwortungsvoll handeln.
Hoffmann will die Regionalisierung seiner Menüs vorantreiben. Die Hälfte seiner Gäste bestellt inzwischen das Gemüsemenü und nicht mehr das mit Fisch und Fleisch. Und der Koch und seine Frau träumen von einem noch größeren Garten - mit Wochenendhäuschen.