Miese Stimmung bei Oranjes: „Deutsche haben immer Glück“
Rundgang durch die niederländische Grenzstadt Venlo vor dem großen Fußball-Duell der beiden Nachbarländer.
Venlo. Das Wetter in Venlo ist mies, es regnet in Strömen. Die Stimmung ist auch nicht besser. Das 0:1 bei der Europameisterschaft gegen Dänemark am vergangenen Samstag sitzt den Niederländern noch in den Knochen.
„Das war eine Katastrophe für die Niederlande“, meint der Chef der „Friture“ an der Parade Straat. Aber für die Menschen in Holland sei das noch viel schlimmer. Wieso für Holland? Der Venloer legt Wert darauf, in den Niederlanden zu leben: „Sie sind doch eben über die Grenze gefahren. Auf dem blauen Schild steht Niederlande, nicht Holland.“
Das sei nur eine Provinz und von Venlo ganz weit weg. Und die Holländer seien auch viel verschlossener, während man hier in der niederländischen Provinz Limburg doch richtig offenherzig sei.
Nur beim Fußball ist das so eine Sache mit der Offenherzigkeit. Auf das Spiel gegen Deutschland angesprochen, reagiert er skeptisch: „Ihr habt doch immer Glück — und sei es in der letzten Minute.“ Warum nur ist die Begegnung der beiden Nachbar-Mannschaften so problematisch, so emotionsgeladen? „Lassen wir den Krieg mal beiseite!“ Den kleinen Seitenhieb kann er sich nicht verkneifen. „Das ist schon seit den 50er Jahren so. Die Niederlande werden von den Deutschen sozusagen überschwemmt. Sie müssten das hier in Venlo mal an Samstagen erleben!“ Unsere Nachbarn haben offenbar das Gefühl, nicht mehr Herr im eigenen Haus zu sein. Nehmen sie es den Deutschen etwa übel, dass sie ihr Geld ins Nachbarland tragen?
Aber ganz so bitterernst ist es dann doch nicht, meint der Fritten-Mann. In der Grenzregion nehme man sich schon mal häufiger auf die Schippe. Dann sei er eben der „Käskopp“. Macht ja nichts.
Gleich wo man sich in Venlo hinwendet, an der Farbe „Oranje“ kommt man nicht vorbei. Vor allem die Kneipen geben sich patriotisch. Und — kaum zu glauben — auf den meisten Transparenten prangt der Name „Holland“. Niederlande — Fehlanzeige.
Die Besitzerin der Slagerij (Metzgerei) Schreinemachers hat so ihre eigene Theorie über die Fußball-Rivalität: „Früher waren das immer die Spiele gegen Belgien, die so voll mit Emotionen waren. Aber seit die keine gute Mannschaft mehr haben, ist eben Deutschland an die Stelle gerückt.“
Auch bei Schreinemachers hängen Oranje-Wimpel von der Decke. Aber ihr Ding sei das nicht, meint die Besitzerin: „Das ist mein Sohn, der das mit der Dekoration macht. Ich schaue mir das Spiel nicht an.“ Stolz fügt sie allerdings hinzu, dass am Tag des Spiels noch eine „Tapete“ vorne am Eingang hinzukomme.
Auch die beiden weibliche Bedienungen beim Bäcker „In’t Soete Huis“ haben mit Fußball nicht viel am Hut: Die Dekoration sei eben für die Kunden gedacht. Das Spiel würden sie sich ganz bestimmt nicht angucken. Es gebe da so ein paar Kollegen, die fußballverrückt seien. Auf die werden sie dann wohl Mittwoch Abend verzichten müssen. Sie werden nicht die einzigen sein, die sich vor dem Großbildschirm im Zentrum von Venlo versammeln.