Mit Lebensmitteln spielt man nicht? Von wegen!

Der Spanier Ferran Adrià gilt als einer der besten Köche der Welt. Bald eröffnet er sein „elBulli“ neu — als Zentrum für Experimente.

New York. Fast 30 Jahre lang kochte der Katalane Ferran Adrià (50) im legendären „elBulli“ an der Costa Brava — das als bestes Restaurant der Welt galt. Mit avantgardistischer Experimentalküche erlangte Adrià Weltruhm und wurde sogar zur Kunstausstellung Documenta in Kassel eingeladen. Die wenigen Plätze im „elBulli“ waren auf Jahre im Voraus ausgebucht. Jetzt will Adrià das mittlerweile geschlossene Lokal in eine Stiftung umwandeln und sammelt dafür eifrig Geld. Im Interview erzählt er von seinem neuen Projekt — und erklärt, warum dort nicht gegessen wird.

Herr Adrià, wie steht es momentan um das neue „elBulli“?

Ferran Adrià: Am 15. März 2015 eröffnen wir ein experimentelles Zentrum — sehr anders, sehr avantgardistisch. Das ist merkwürdig, weil Restaurants normalerweise öffnen oder schließen, aber nicht sich verändern. Es wird eine Art Museum werden, aber nicht nur. Wir wollen, dass die Menschen erleben können, was das „elBulli“ ausmacht — Innovation und avantgardistische Küche. Die Menschen haben Interesse, die Gastronomie mal auf eine andere Weise zu erleben, nicht nur durch essen. Wenn man beispielsweise in das Museum des FC Barcelona geht, macht man das ja auch nicht, zum Fußball zu spielen.

Früher konnte ja nicht jeder einfach so ins „elBulli“ gehen.

Adrià: Das Schöne an dem Zentrum ist, dass es viel zugänglicher sein wird. Das ist auch eine Demokratisierung des „elBulli“. Es wird aber kein Restaurant geben. Vielleicht einen Monat im Jahr lang, um Geld zu sammeln, aber die Formate werden sich ändern und das ist die Revolution.

Ein gastronomisches Zentrum, in dem nicht gegessen wird?

Adrià: Genau. Es ist wichtiger zu verstehen, warum und wie die Dinge passieren. Es wird ein Nachdenken über das Essen. Wenige Menschen kennen ja die Geschichte des „elBulli“ — 30 Jahre, 1846 Gerichte. Dieses Erbe wollen wir konservieren.

Sie haben das Projekt schon als Risiko bezeichnet . . .

Adrià: Ja, das ist absolut ein Risiko für mich. Es wäre kein Risiko gewesen, das Lokal zu verkaufen, meinen Teil des Geldes zu behalten und Ferien zu machen. Aber wenn man auf einem bestimmten Niveau angekommen ist, ist Motivation das wichtigste im Leben. Was hätte ich machen sollen, außer mich neu zu erfinden? Ein Restaurant? Ich hatte schon mein Traum-Restaurant, wir hatten schon 15 mal die Champions League gewonnen.

Früher war das Kochen eine Beschäftigung von Müttern, heute gilt es als Trend. Warum?

Adrià: In den hochentwickelten Industrieländern, wo das Essen nicht nur zum Überleben gebraucht wird, fragt man sich, womit man glücklich ist. Mit Essen. Das Leben ist arbeiten, schlafen, essen, Fernsehen schauen, der Computer und ein bisschen Sex. Das ist es, was uns noch bleibt. Das größte soziale Netzwerk der Welt ist das Essen, nicht Facebook.