"Beamten-Allergie": Prozesse-Dieter wieder vor Gericht
Düsseldorf/Ratingen (dpa) - „Prozesse-Dieter“ (77), selbst ernannter König der Kläger, steht wieder vor Gericht. Dem Sozialhilfeempfänger mit dem zweifelhaften Ruf, Deutschlands „Prozesshansel Nr. 1“ zu sein, droht eine weitere Haftstrafe wegen Beleidigung diverser Amtsträger.
An diesem Montag wird ein Berufungsverfahren gegen den streitbaren Mann vor dem Düsseldorfer Landgericht verhandelt.
Der Ex-Sportlehrer aus Ratingen hat es mit über 230 Prozessen, bevorzugt gegen das für ihn zuständige Sozialamt, zu einiger Bekanntheit gebracht. Weil er bei seinem Kreuzzug gegen Behörden auch immer wieder ausfällig wird und Staatsdiener mit den schlimmsten Verbalinjurien überzieht, ist er bereits mehrfach verurteilt worden und hat sogar ein Jahr hinter Gittern verbracht. Vergeblich war er 2007 vor dem Haftantritt abgetaucht. Die Polizei hatte ihn aufgespürt und ins Gefängnis gebracht. Geläutert hat ihn dies offenbar nicht.
Per Postkarten soll der Senior weiter fleißig einen Bürgermeister, einen Landrat, Beamte, Richter und Rechtspfleger mit Fäkalausdrücken überzogen haben. Das Amtsgericht hatte ihm für 44 weitere Beleidigungen ein weiteres Jahr Haft aufgebrummt. Das war vor vier Jahren.
„Zementkopf, Vollidiotin, Sesselfurzer, Rechtsbeuger, Doppel-Null“ - das sind die harmloseren Beschimpfungen, mit denen der ehemalige Lehrer, der laut eigener Aussage seit seinem 39. Lebensjahr von der „Stütze“ lebt, seine Schriftwechsel mit Behörden garniert.
Jahrelang hat sich „Prozesse-Dieter“ mit Behörden und Justiz angelegt. Versagte ihm das Sozialamt seine Wünsche, zog er vor Gericht. So erstritt er sich unter anderem eine Klobürste und neue Unterhosen. In einem früheren Prozess trug er mal ein T-Shirt mit der Aufschrift „Asozial ist geil“.
Die Justiz hatte zwischenzeitlich Probleme, einen unbefangenen Richter zu finden, der noch nicht von „Prozesse-Dieter“ beleidigt worden war. Ob das auch der Grund für die vier Jahre Dauer bis zur Berufungsverhandlung sind, ist unklar.
Allerdings ist inzwischen umstritten, ob der 77-Jährige, dem ein IQ von 130 und somit eine außerordentliche Intelligenz bescheinigt wird, überhaupt schuldfähig ist. „Prozesse-Dieter“ kann sich für seine Berufung somit durchaus Chancen ausrechnen: Der Amtsrichter hatte sich in erster Instanz über den psychiatrischen Gutachter hinweggesetzt, der den Angeklagten als schuldunfähig eingestuft und ihm eine „paranoide Persönlichkeitsstörung“ attestiert hatte.
Der Senior sei freundlich, humorvoll und garniere Gespräche auf hohem intellektuellen Niveau mit Zitaten von Feuerbach und Schiller, hatte der Psychiater berichtet. Nur wenn es um Behörden gehe, „dann rastet er aus“.
„Er empfindet sich dabei als Ritter der Gerechtigkeit, der von einem Unrechtssystem verfolgt wird“, erklärte der Facharzt. Er leide unter einem „isolierten Wahn-System“. Der Angeklagte selbst nennt das „Beamten-Allergie“.
Für den Fall, dass er gewinnt, hat der „König der Kläger“ bereits weitere Prozesse angekündigt: Dann will er Entschädigung für erlittenes Unrecht.