Freiburg Nach Missbrauchsskandal in Freiburg: Mehr Personal für Jugendämter gefordert

Ein Sexualstraftäter zieht zu seiner Freundin, die ein Kind hat - obwohl es ihm verboten ist. Später stellt sich heraus: Das Paar bietet den Neunjährigen für Sex an. Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung sieht nun die Jugendämter in der Pflicht.

Symbolbild

Foto: Golsch, Nikolas (nigo)

Freiburg. Nach dem jahrelangen Missbrauch eines Neunjährigen im Raum Freiburg fordert der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung unter anderem Verbesserungen bei den Jugendämtern. „Hier ist die Abwägung zugunsten des Kindeswohls nun völlig daneben gegangen und das Zusammenspiel zwischen Jugendamt und Familiengericht war falsch“, sagte Johannes-Wilhelm Rörig am Montag im „Morgenmagazin“ von ARD und ZDF. „Jugendämter brauchen mehr Personal, müssen besser hineinschauen können in die Familien.“ Zudem müssten Familienrichter entlastet und fortgebildet werden, um besser mit sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche umzugehen.

In dem Freiburger Fall konnte das Kind nicht dauerhaft aus der Familie genommen werden, obwohl Polizei, Justiz und Jugendamt wussten, dass ein vorbestrafter Sexualstraftäter verbotenerweise mit dem Jungen zusammenwohnte. Dieser wurde nach Ermittlerangaben etwa zwei Jahre lang von seiner Mutter im Internet für Sex angeboten. Der Lebensgefährte der Mutter durfte nach Justizangaben seit 2014 keinen Kontakt mit Kindern unter 18 Jahren haben, zog aber trotz gerichtlichen Verbots zu der Frau.

„Ich frage mich zum Beispiel: Warum hat in der Schule niemand was gemerkt davon, was dem Kind angetan wurde?“, sagte Rörig. „Ein Kind, das so einer katastrophalen Brutalität ausgesetzt ist, sendet Signale.“ Lehrer bräuchten Basiswissen zum Thema sexuelle Gewalt, um sensibel zu sein. „Wir müssen den Kampf gegen sexuelle Gewalt viel konsequenter führen“, forderte der Experte. „Wir brauchen in Deutschland dringend ein Kindesmissbrauchsbekämpfungsgesetz.“

Auch enge Angehörige des Lebensgefährten der Mutter wollen von dem Martyrium des Jungen nichts mitbekommen haben. Man habe ihm nichts angemerkt, sagten Mutter und Schwester in einem am Sonntagabend ausgestrahlten „Spiegel TV“-Bericht. Der Junge habe zu ihrem Bruder „Papa“ gesagt, sagte seine Schwester. „Deswegen hat man nichts gemerkt, das ist es ja.“

Die Mutter des Verdächtigen sagte in dem Interview, ihr Sohn habe mit Anfang 30 eine Beziehung zu einem 14 Jahre alten Mädchen gehabt. Sie sprach auch von „pädophilen Dingern auf dem Computer“ ihres Sohnes.

Neben dem Mann und der Lebensgefährtin sitzen sechs weitere Männer zwischen 32 bis 49 Jahren wegen Kindesmissbrauchs und Vergewaltigung in Untersuchungshaft. In einem Fall ist auch bereits Anklage erhoben worden - gegen wen, wollten die Ermittler noch nicht sagen. dpa