Nichts für Neinsager: Die Butler-Branche boomt
Amsterdam (dpa) - Gerade Haltung, knappes Kopfnicken, ein Lächeln vornehm angedeutet: „Sehr wohl, Sir.“
Butler sind unentbehrlich. Wie hätte Phileas Fogg ohne seinen Passepartout in 80 Tagen die Welt umrunden können? Und Batman? Ohne seinen Alfred wäre er in Gotham City untergegangen. Ganz zu schweigen von Miss Sophie, die es nach dem „Dinner for One“ kaum ohne ihren James ins Bett schaffen würde.
„Wir haben Spaß an solchen Klischees, aber von der Welt des modernen Butlers sind sie weit entfernt“, sagt Robert Wennekes, Gründer der International Butler Academy im Valkenburg, ganz im Süden der Niederlande. „Er serviert zwar auch mal den Tee oder Whisky, aber vor allem ist er Manager eines herrschaftlichen Haushalts.“
Vertrauenswürdigkeit sei dabei alles. Dazu gehöre oft die Pflege des E-Mail- und Facebook-Kontos der Herrschaft. „Und er ersetzt das Reisebüro - vom Buchen bis zum Koffereinpacken und Auspacken. Obendrein kennt er jede Marotte und weiß, wann der Chef oder die Chefin welche Pillen in welcher Dosierung braucht.“
Der Niederländer hat das Handwerk standesgemäß bei einem Butler in England gelernt. Später war er Chefbutler der US-Botschaft in Bonn. Um von seinen Erfahrungen und seinen weltweiten Verbindungen als Jobvermittler zu profitieren, legen Möchtegern-Butler viel Geld hin: 13.750 Euro kostet die Teilnahme an einem Acht-Wochen-Kurs in Wennekes' vornehmem Akademie-Schloss.
Das Training geht über sieben Tage pro Woche, 12 Stunden am Tag. Hinzu kommt Nachtalarm. Dann muss „Überraschungsgästen“ mal schnell Champagner oder gar ein Nachtmahl kredenzt werden - im korrekten Butler-Frack. Geprobt wird auch der „Ernstfall“: Erste Hilfe für den ohnmächtigen Prinzipal. Gut geeignet ist der Beruf für Grauhaarige. „Dienstherren“, sagt Wennekes, „legen bei gehobenem Personal neben Loyalität und Verschwiegenheit Wert auf Lebenserfahrung.“
So dürfte auch Thomas Geks gute Chancen haben. Mit 62 ist der Rheinländer - er wirkt wie die personifizierte Distinguiertheit - der älteste Kursteilnehmer. Geks war für einen europäischen Pharmakonzern tätig, hat die Welt gesehen. Doch der vorgezogene Ruhestand war ihm zu langweilig. „Meine Erfahrungen und neuen Kenntnisse würde ich gern als Privatsekretär mit Butlerqualitäten anwenden“, sagt er.
Spätestens wenn die Studenten wie Rekruten mit weißen Handschuhen in einer Reihe stehen und immer wieder ein donnerndes „Yes, Sir!“ hören lassen sollen, geht ihnen auf: Dies ist ein Beruf ohne „No“. „Es gibt nicht mal ein "Ja, aber"“, sagt Butler-Student Roger Wyss aus der Schweiz. „Neinsager sind ungeeignet. Hier zählen allein die Wünsche deiner Herrschaft.“
Mit einem eigenen Familienleben ist das kaum vereinbar, doch bis zur Selbstaufgabe geht der Job nicht. Ob Ölscheich, Baron, oder Hollywoodstar - die Arbeitgeber gewähren ihrer Dienerschaft in der Regel Urlaub und freie Tage. Die Jahresgehälter von Chefbutlern liegen zwischen 65 000 und 200 000 Euro, oft plus Dienstwagen.
Der 35-jährige Wyss bringt wie die meisten anderen der rund 20 Kursteilnehmer, die aus fast ebenso vielen verschiedenen Ländern kommen, einschlägige Berufserfahrung mit. Er war Steward bei einer VIP-Airline. Nach Jahren in „Jets ohne Economy Class“ will er eine Weile sesshaft sein. „Egal wo, gern auch in Asien.“
Dort wächst der Markt für Dienerprofis am schnellsten. Selbst alle etablierten Butler-Akademien im Westen - von der Spencer School in London bis zum Institute of Modern Butlers in den USA - können sie nicht mehr erfüllen. „Wir hatten Besuch von einer stellvertretenden Bildungsministerin aus Peking“, berichtet Wennekes. „Sie schätzte Chinas künftigen Bedarf an Butlern auf 100 000 pro Jahr.“