Nonne mit begnadeter Stimme
Cristina Scuccia singt und tanzt in Ordenstracht auf der Bühne. Ihr Auftritt macht vor allem eines — Freude.
Rom. Ob Papst Franziskus sie inzwischen angerufen und ihr persönlich gratuliert hat? Verdient hätte es Schwester Cristina, diese begnadet singende Nonne.
Den Titel im Lieder-Wettbewerb sicherte sich „The Voice of Italy“ am Donnerstagabend sichtbar entspannt. Was auch daran liegen mochte, dass sie an Frisur und Outfit, an Schminke und Accessoires keinen Gedanken zu verschwenden braucht: Ordenstracht, bequemes Schnür-Schuhwerk und das Kreuz gut sichtbar um den Hals reichen für ihr Leben — und damit auch für die Showbühne.
Ginge es nach ihrem Mentor J-Ax, dann wäre Schwester Cristina künftig häufiger im Fernsehen als in der Kirche zu sehen und zu hören. Auf jeden Fall aber müsse die Nonne mit Unterstützung des Vatikans oder ihres Ursulinen-Ordens eine Platte aufnehmen, sagte der tätowierte Rapper, der Cristina Scuccia während der vergangenen Wochen bei der Talentschau coachte. Dass eine solche Veröffentlichung Käufer fände, daran besteht spätestens seit dem Finale von „The Voice of Italy“ kein Zweifel mehr. Immerhin kürten knapp zwei Drittel der Zuschauer die Schwester zur Siegerin.
Der Erfolg kam nicht ganz überraschend. So sang sie im Finale unter anderem „What a Feeling“ von Irene Cara und „No One“ von Alicia Keys. Mit letzterem Lied hatte Scuccia bereits bei ihrem Debüt Anfang März Publikum und Jury in blankes Staunen versetzt. Das dazugehörige Video wurde bei Youtube seitdem viele Millionen Male angeklickt.
Die junge Frau lebt ihren Alltag in einer Gemeinschaft bei Mailand und betreut dort Kinder. In der Show aufzutreten, sei „nur ein anderer Weg, das Evangelium zu verbreiten“, erklärte sie nach ihrem ersten Auftritt und scherzte, sie hoffe, auch der Heilige Vater nehme von dieser Werbung für den Glauben Notiz.
Der Vatikan schickte zunächst nur ein indirektes Signal der Zustimmung: Der Präsident des Päpstlichen Kulturrates, Kardinal Gianfranco Ravasi, twitterte am Donnerstag einen Spruch des römischen Schriftstellers Cassiodor aus dem 6. Jahrhundert: „Wenn wir Unrecht begehen, wird Gott uns ohne Musik zurücklassen.“
Als Gewinnerin kann Cristina Scuccia nun einen Vertrag mit dem Label Universal Music unterzeichnen. Allerdings hatte die Schwester bereits vor einigen Tagen erklärt, dass ihre Oberinnen darüber zu befinden hätten, ob sie Karriere im Showgeschäft macht. „Ich wäre auch glücklich, wenn ich weiter mit Kindern in Pfarrkirchen singe.“
Mit ihren Gesangsauftritten weiß sie sich auf der Seite der pastoralen Empfehlungen ihres „Dienstherrn“: Der Papst „lädt uns ein, hinauszugehen und zu missionieren, den Menschen zu sagen, dass Gott ihnen nichts wegnimmt, sondern uns stattdessen viel mehr gibt.“ Deshalb bin ich hier.
Wie ernst es ihr damit ist, bewies Schwester Cristina bis zum Schluss: Als ihr Sieg feststand, betete sie erst einmal das Vaterunser.