Pannenserie geht weiter: Berliner S-Bahn stand still
Berlin (dpa) - Wieder hat ein schwerer Zwischenfall die von Pannen geplagte Berliner S-Bahn lahmgelegt. Im zentralen elektronischen Stellwerk in Berlin-Halensee fiel am Donnerstag der Strom aus. Es entstand ein Chaos: Züge blieben in Tunneln stehen, Zehntausende Fahrgäste saßen fest.
Andere riskierten den gefährlichen Ausstieg und gingen über die Schienen zum nächsten Bahnhof. Erst nach drei Stunden rollten die Züge wieder, aber auch am Freitag werden die S-Bahnen noch nicht im normalen Takt fahren.
Die Berliner S-Bahn-Kunden sind leidgeprüft. Seit zweieinhalb Jahren schafft das Unternehmen nach Wartungsmängeln, Technikproblemen und Missmanagement keinen Normalbetrieb mehr. Im Frühjahr hatte ein Brandanschlag am Ostkreuz die Züge aus dem Takt gebracht. Die regierende SPD in Berlin warf der S-Bahn-Mutter Deutsche Bahn vor, sie sei mit dem Betrieb überfordert. Täglich nutzen rund 1,3 Millionen Menschen die Berliner S-Bahn, die seit Jahren in der Kritik steht.
Diesmal gab es eine Panne bei Kontrollarbeiten an der Stromversorgung in dem Stellwerk. Von der Zentrale in Halensee wird etwa die Hälfte des Berliner S-Bahn-Netzes elektronisch gesteuert. Nach dem Stromausfall schalteten die Signale im Westteil der Stadt automatisch auf Rot, wie die S-Bahn berichtete. Die Züge standen sofort still. Auch einige Regional- und Fernzüge waren von der Störungen betroffen.
Bei einem Umschaltvorgang, mit dem die Notstromversorgung überprüft wurde, fiel nach Angaben der S-Bahn ein Bauteil aus. Auch das vorhandene Reservesystem habe versagt, teilte das Unternehmen mit. Soweit bekannt, hätten die beteiligten Techniker nichts falsch gemacht. Die Wartungsarbeiten seien zuvor schon etwa hundert Mal gemacht worden, ohne dass es ein Problem gegeben habe.
U-Bahnen, Trams und Busse fuhren ungestört, dort drängten sich die Fahrgäste. Etwa eine Dreiviertelstunde nach dem Ausfall um 11.45 Uhr setzten sich die Fern- und Regionalzüge wieder in Bewegung, es gab aber bis in den Nachmittag hinein Verspätungen. Die ersten S-Bahn-Züge setzen sich nach zwei Stunden wieder in Bewegung, nach drei Stunden rollte der Verkehr in allen Teilen des Netzes wieder an.
Das Durcheinander wird aber dazu führen, dass auch am Freitag der S-Bahn-Verkehr noch nicht im Lot ist. Nicht überall werden sie im gewohnten Takt fahren, wie der Bahnsprecher sagte.
Einige S-Bahn-Züge mussten laut Bundespolizei noch einmal anhalten, weil Fahrgäste sich per Nothebel befreit und den lebensgefährlichen Gang über die Gleise angetreten hatten - daneben verlaufen auf Kniehöhe die Stromschienen. Die S-Bahn bestätigte, dass es mehrere solcher Fälle gab. Dort habe der Strom abgestellt werden müssen, das habe zu weiteren Verzögerungen geführt.
Nicht nur bei Fahrgästen sorgte der Ausfall für Kopfschütteln - auch im Berliner Senat. Die Probleme der S-Bahn sind in der Hauptstadt ein politischer Dauerbrenner. „Dass die gesamten Züge der S-Bahn durch einen einzigen Stellwerkdefekt ausfallen, ist kaum vorstellbar“, teilte Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) mit. Die oppositionelle Linke sieht einen Beleg für die Anfälligkeit des Systems. Das Unternehmen müsse so etwas ausschließen.
Die SPD-Fraktion hat da wenig Hoffnung: „Dieser Zusammenbruch des S-Bahn-Verkehrs ist ein Beleg dafür ist, dass die Bahn mit dem Betrieb der S-Bahn in der Hauptstadt überfordert ist.“ Der Senat überlegt, die S-Bahn in Landesregie zu übernehmen. Allerdings denkt die Bahn bislang nicht an einen Verkauf. Wenn der Verkehrsvertrag 2017 ausläuft, könnte das Land einen Teil des Betriebs ausschreiben.