Paul Kuhn wird 85: „Ich sitze jeden Tag am Klavier“
Paul Kuhn wird am Dienstag 85 Jahre alt. Die Jazz-Legende denkt noch nicht ans Aufhören und geht wieder auf Tournee.
Berlin. Seit 60 Jahren ist Paul Kuhn schlichtweg „Der Mann am Klavier“. Aus der Anspielung auf seinen 50er-Jahre-Schlagerhit ist mit den Jahren immer mehr ein Ehrentitel für den international gefeierten Jazz-Star geworden. Seine Musikerkarriere begann schon im Kindesalter.
Am Dienstag wird Paul Kuhn 85 Jahre alt, am Samstag startete er seine aktuelle Tour in Frankfurt. „Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht am Klavier sitze“, erzählt der Musiker.
Auf die Frage, ob er aus Spaß auch mal einen alten Schlager spiele, antwortet er: „Nee, die fallen mir gar nicht ein. Ich hab’ sie ja nicht geschrieben, ich hab’ sie ja nur aufgenommen.“ Sein erster Hit „Der Mann am Klavier“ wurde sein größter. Mit der ARD-Show „Hallo Paulchen“ hatte der Schlagersänger mit dem verschmitzt-fröhlichen Zahnlückenlächeln den Namen weg und wurde zu einem der populärsten Entertainer der Showbranche.
Der 1928 in Wiesbaden geborene Sohn eines Croupiers lernte mit sechs Jahren Akkordeonspielen, galt bald als Wunderkind und trat unter anderem als Achtjähriger bei der Funkausstellung in Berlin auf. Damit war er im versuchsweise betriebenen Fernsehen zu sehen. „Man kann sagen, ich war einer der ersten Fernsehkünstler.“
Seine Begeisterung für Jazz weckte Glenn Miller mit seiner Band, die Kuhn 1942 im BBC-Radio hörte. Im jugendlichen Alter war er „Truppenunterhalter“ in Frankreich und jazzte nach dem Krieg beim US-Militärsender AFN und in Clubs für amerikanische Soldaten. Diese wollten auch Lieder wie „Ich hab’ mein Herz in Heidelberg verloren“ hören.
Während seiner Schlager- und Showkarriere arbeitete Kuhn als Arrangeur, Komponist und Produzent unter anderem für Heino und Howard Carpendale. 1968 übernahm er die Leitung der Big Band des Senders Freies Berlin (SFB) und führte sie zu internationalem Ruhm.
Als sich der SFB 1980 von der Big Band trennte, gründete Kuhn seine eigene Big Band, mit der er Peter Alexander auf Tournee begleitete. Seinen Traum vom Jazz habe er sich erst seit Anfang der 90er-Jahre erfüllt, sagt er. Seither swingt er mit seinem Paul Kuhn Trio und tourte seit 2000 mit Max Greger, Hugo Strasser und der SWR Big Band als „Swing Legenden“.
Seit mehr als drei Jahrzehnten lebt Kuhn in der Schweiz. In diesem Jahr kann er mit seiner dritten Ehefrau Ute Silberhochzeit feiern. Doch auch mit über 80 Jahren ist Kuhn nicht müde. Wegen einer Augenkrankheit kann er seit Jahren zwar keine Noten mehr lesen — die Musik ist für ihn aber noch wichtiger geworden, wie er sagt.