Schützen kämpfen um ihre prachtvollen Königsvögel
Nach einer neuen Richtlinie soll der Korpus-Durchmesser schrumpfen. Experten haben bei Tests Sicherheitsmängel festgestellt.
Berlin/Neuss. Die Schützenvögel im Land sollen abspecken. Nach einer neuen Richtlinie des Bundesinnenministeriums darf der Durchmesser künftig acht Zentimeter nicht mehr überschreiten. Das löst bei den Brauchtums-Schützen Empörung aus, denn das hölzerne Symbol ist vielerorts auch ein prunkvolles Prestigeobjekt.
Doch das könnte künftig eher die Dimensionen einer Taube, denn eines Adlers haben. „Wenn die Schießstandrichtline wirklich umgesetzt werden muss, dann können wir gleich aufs Schützenfest verzichten“, schallt es aus dem Sauerland und auch im Rheinland lässt das Thema die Schützen nicht kalt.
Es hängt viel an den Maßen des Holzvogels. „Bislang ist unser Vogel beim Königsschießen etwa doppelt so groß“, erklärt Martin Flecken, Neusser Oberschützenmeister. Mit dem traditionellen Großkaliber halte der im Schnitt rund 40 Schuss durch, bis er falle.
„Sollte er künftig nur noch acht Zentimeter dick sein, fällt er natürlich schon nach wenigen Schüssen.“ Das bedeutet letztlich weniger Spannung und auch weniger Fest drum herum. Denn es ist das wichtigste Ereignis und vor allem das, auf das alle Schützen lange hinfiebern.
Doch warum mischt sich das Bundesinnenministerium in das alte Brauchtum ein? „Die Richtlinie ist das letzte Mal 1995 überarbeitet worden. Seitdem hat sich laut Expertentests viel verändert. Sowohl technisch, als auch bei der Art des Schießens“, erklärt ein Sprecher des Ministeriums, das für das Waffenrecht zuständig ist.
Die Überarbeitung diene dazu, die Beteiligten vor Querschlägern und Abprallern zu schützen. Tests hätten ergeben, dass „Vogel-Ziele mit mehr als 15 Zentimetern Materialstärke zu sicherheitstechnischen Problemen führen“.
Zugleich lässt das Ministerium die Kritik der Schützen nicht gelten: „Die von einigen Schützenvereinen vorgenommene Verkleinerung der Schützenvögel ist nicht durch die neuen Festlegungen bedingt“, heißt es. Die Fläche könnte gleich bleiben. Auch den Vorwurf der Brauchtumsschützen, dass im Vorfeld nur Sportschützen befragt wurden, weist das Ministerium zurück.
Bei den Neusser Schützen hofft man nun auf Ausnahmeregelungen, hat aber auch einen Plan B in der Tasche: „Im Zweifel werden wir das Schießen umstellen, um es attraktiv zu halten. Da müssten wir dann ausprobieren“, erklärt Flecken.
Zugleich gibt man sich aber auch vorsichtig optimistisch, dass sich die Politik noch bewegt: „Ich setze mich dafür ein, dass das Königsvogelschießen bei Schützenfesten in traditioneller Weise fortgesetzt werden kann“, sagte am Montag der Neusser Schütze und CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe.