Picasso und Matisse als Beute

Aus dem Museum für moderne Kunst verschwanden Meisterwerke von unschätzbarem Wert.

Paris. Zwei weiße Din-A-4-Blätter haben sie an die schwere bronzene Eingangstür des Museums für Moderne Kunst gehängt. Mit einer sehr knappen und sehr vagen Mitteilung an die Besucher. "Aus technischen Gründen" müsse das Museum heute bedauerlicherweise geschlossen bleiben.

Doch das ist weniger als die halbe Wahrheit. Tatsächlich ist der prachtvolle Musentempel im schicken 16. Pariser Arrondissement wenige Stunden zuvor Schauplatz eines der spektakulärsten Kunstdiebstähle der jüngeren Geschichte geworden.

Fünf Meisterwerke von Pablo Picasso, Henri Matisse, Georges Braque und anderen Künstlern hat der Täter in der Nacht zu Donnerstag entwendet. Die Angaben über die Schadenshöhe gehen auseinander.

Zunächst war von einer halben Milliarde Euro die Rede. Eine gigantische Summe, die Christoph Girard, Direktor für Kunst-Angelegenheiten der Stadt Paris, später aber deutlich nach unten korrigiert. "Nein, die Bilder haben schätzungsweise einen Wert von 100 Millionen Euro", sagt er.

Ein Wächter hat den Diebstahl gegen 6.50 Uhr beim routinemäßigen Rundgang bemerkt. Bilder einer Überwachungskamera zeigen ferner einen maskierten Mann, der in dem Trakt nahe dem Seine-Ufer eine Scheibe einschlägt und durch ein fünf Meter hohes Fenster in das Museum einsteigt. Mit einer Blechschere muss er dabei noch ein Metallgitter zerteilt haben. Die ungeklärten Umstände des Raubs im "Musée d’art Moderne" setzen die Frage auf die Tagesordnung, ob die unermesslichen Kunstschätze in den Pariser Museen noch sicher genug untergebracht sind." Offenbar war die Alarmanlage seit vier Wochen defekt, teilte die Stadt Paris mit. Die zuständige Firma warte auf ein Ersatzteil eines Zulieferers, hieß es weiter.

Bei den Kunstwerken handelt es sich um "Le pigeon aux pétits pois" von Pablo Picasso, "La pastorale" von Henri Matisse, "L’olivier près de l’Estaque" von Georges Braque, "La femme à l’éventail" von Amédéo Modiglianai und "Nature morte aux chandeliers" von Fernand Léger.

"Das ist die schwere Artillerie der modernen Kunst", urteilt der Pariser Kunstkritiker Jean-Marie Baron, der am Nachmittag zum Tatort geeilt ist. Und er fügt hinzu: "Wir haben einen großen Verlust zu beklagen, auch wenn es sich nicht um die Schlüsselwerke der Künstler handelt." "Schockiert und traurig" zeigt sich auch Bernard Delanoe, der Pariser Bürgermeister. Der Kunstraub bedeute einen "schweren Verlust für das Kulturerbe der Stadt".