Portait: Gerd Baltus - der Spezialist für Sonderlinge
Die Rollen der Individualisten und Verlierertypen liegen Schauspieler Gerd Baltus — er selbst mag eher die leisen Töne.
Hamburg. Gesprochen hat Gerd Baltus schon immer viel — allerdings nur ungern über sich selbst. Der Schauspieler, der seit vielen Jahren auch zahlreichen Figuren in Hörspielen seine Stimme leiht, bevorzugt privat die Zurückgezogenheit. Als einer der meistbeschäftigten TV-Schauspieler Deutschlands galt er einst, doch jenseits von Set und Studio ist er lieber ein stiller Star. Zu seinem 80. Geburtstag am Donnerstag soll das nicht anders sein. „Interviews dazu will er nicht geben“, heißt es bei seiner Agentur.
Die schwierigen Individualisten und Sonderlinge, gern etwas behäbig und verrückt wirkende Verlierertypen — galt es solche Rollen zu besetzen, war der dunkelhaarige Mime oft erste Wahl. Dabei hat sich der gebürtige Bremer, der 1953 nach Hamburg ans Schauspielhaus kam, selbst immer gegen Klischees gewehrt. „Ein Schauspieler darf nicht glatt sein, sondern muss bewusst Unzulänglichkeiten in die Darstellung einbauen, um glaubwürdig zu wirken“, sagte er einmal.
In namhaften Reihen wie „Der Kommissar“, „Tatort“ und „Derrick“ wirkte Baltus mit, ebenso wie in zahlreichen anderen Produktionen. Auf TV und Kino hatte er sich seit Mitte der 70er Jahre konzentriert. In den 80er Jahren war er unter anderem der alleinerziehende Vater in der Serie „Ein zauberhaftes Biest“ sowie Mitglied der Familie Gutman in „Levin und Gutman“, in „Lorentz & Söhne“ bewirtschaftete er ein Weingut.
In den 90ern gab Baltus den Bürgermeister Domberger in „Ein Bayer auf Rügen“ und war in „Der Alte“ sowie „Der Fahnder“ zu sehen. Nicht mehr vielbeschäftigt wie einst, aber immer wieder schlüpfte Baltus auch in den vergangenen Jahren für Fernsehproduktionen in verschiedene Rollen und spielte unter anderem in Episoden von Serien wie „In aller Freundschaft“ und „Großstadtrevier“ mit.
Dabei hatte sein Vater, ein Kaufmann, eine andere Laufbahn für den Sohn geplant: erst Abitur, dann Jura-Studium. Doch Baltus zog es zum Theater. Sein Schauspiel-Studium brach er zwar ab, aber 1953 gelang ihm auf Anhieb ein Engagement am Hamburger Schauspielhaus, dem er unter Gustaf Gründgens angehörte. Nächste Stationen waren Bonn und München.
Seine Aufmerksamkeit galt indessen nicht nur der Arbeit vor der Kamera, sondern auch hinterm Mikrofon. Mit seiner unverwechselbaren Stimme hauchte er vielen Hörspielfiguren Leben ein.
Die Liebe zu seinem Fach hat er offensichtlich auch seinem Sohn Philipp Baltus mitgegeben: Auch dieser ist Schauspieler und Sprecher — ganz wie der Vater. Beide standen für Baltus’ jüngsten Film gemeinsam vor der Kamera. In der Krimikomödie „Der Mann, der alles kann“, die vor wenigen Wochen im „Ersten“ zu sehen war, gaben sie Lahnstein und Lahnstein junior.