Porträt: Der Chefkoch des Traumschiffs
Patrick Walter dirigiert die 54 Köche auf der „MS Deutschland“, hat aber selbst kaum Zeit zum Essen.
Travemünde. Der Boden schwankt leicht, ein schwaches Dröhnen der vier Motoren ist aus der Ferne zu vernehmen. Patrick Walter schaut sich mit leuchtenden Augen um.
Er steht auf dem sechsten Deck der "MS Deutschland" mitten in der chromblitzenden, strahlend sauberen Zentralküche und fühlt sich als Herrscher seines Reiches.
14 bis 20 Stunden Arbeit bewältigt er am Tag und das sieben Monate ohne Unterbrechung. Jeden Abend muss er in zwei Durchgängen jeweils 254 Hauptgerichte in 24 Minuten auftischen, mindestens 54Köche warten auf seine Anweisungen.
Für Walter ist es der Traumberuf. Denn der 34-jährige Schweizer ist Chefkoch auf dem ZDF-Traumschiff. Bis Windstärke neun wird auf dem Flagg- und Fernsehschiff der deutschen Kreuzfahrtflotte ohne Rücksicht auf Seekrankheit Frühstück, Mittagessen und das Abendmenü à la carte zubereitet und den rund 500 Gästen serviert.
Und der Chef de la Cuisine steht dabei immer im Mittelpunkt - vor allem, wenn irgendetwas nicht so schmeckt, wie es sollte. "Zum Glück kommt das nicht so oft vor", sagt Walter. "Viel Schlaf" antwortet er auf die Frage, wie er den Stress körperlich aushält. "Außerdem habe ich ein äußerst belastbares und sehr gutes Team." 70 Prozent seiner Köche sind Philippiner, nur zehn kommen aus Europa.
Walter sieht sich als Schnittstelle zwischen Küche und Service, mehr als Küchenmanager denn als Chefkoch. "Ich stehe nur noch selten am Kochtopf, nur wenn ich umrühre, den Geschmack teste oder für einen kranken Kollegen einspringe", sagt er. "60 Prozent meiner Arbeit verbringe ich im Büro und mit der Planung."
84 verschiedene Hauptgänge werden im ständigen Wechsel auf der "MS Deutschland" angeboten. Dafür muss entsprechend Proviant an Bord sein.
"Drei Mal am Tag bin ich im Vorratslager, um mich von der Frische der Lebensmittel und der tatsächlich noch vorhandenen Menge zu überzeugen", erklärt Walter, der seit 17 Jahren Koch ist. Auf Hygiene legt er größten Wert: "Salmonellen an Bord wären mein Tod - beruflich jedenfalls."
Neue und ausgefallene Gerichte sind Walter wichtig. "Aber jeder Koch, der sagt, er hätte etwas erfunden, der lügt. Die geschickte Kombination der Genüsse macht das Geheimnis eines guten Kochs aus."
Bis zu zwölf Komponenten - einige Salatblättchen hier, ein paar Kräuterzweige da - gehören für ihn zu einer guten Vorspeise. Beim Hauptgericht hat Walter den Ehrgeiz, dass auf dem "Fünf-Sterne Superior-Schiff" alles frisch serviert wird. "Die Speisekarte ist für mich ein Vertrag. Der Gast hat ein Anrecht auf ein frisches und wohlschmeckendes Gericht."
Er selbst nimmt nur eine Mahlzeit am Tag zu sich, morgens um 8 Uhr. Sonst hat er zum Essen keine Zeit. Aber nicht nur die seltene Nahrungszufuhr und das spärliche Probieren halten ihn schlank.
Der Stress ist ihm anzusehen, auch wenn er gerne lacht. Zum Beispiel über den Koch, der zum Hacken von 20 Kilo Zwiebeln eine Taucherbrille samt Schnorchel überstreift.
Demnächst geht Patrick Walter mit der "MS Deutschland" auf Weltreise. Eine Art Reling für jeden der riesigen Elektroherde liegt schon bereit. Für den Chefkoch ist dieses Unternehmen auch ohne meterhohe Wellen eine neue Herausforderung, schon weil das Kreuzfahrtschiff etwa zehn Monate unterwegs sein wird. Doch vorher freut er sich darauf, "zu Hause wie ein normaler Mensch Pizza oder Lasagne zuzubereiten - für ein bis zwei Personen".