Porträt: Der Rocker unter den Piraten

Die Filmfigur Captain Jack Sparrow aus „Fluch der Karibik“ ist nach einem Spatz benannt. Seine Ambivalenz macht ihn zur Identifikationsfigur.

Am Ende der Welt. Was ist denn das für ein merkwürdiger Pirat - hat kein Holzbein, keinen Papagei und um die Augen statt einer Klappe eine dicke Schicht Kajal? Diese Fragen wird sich schon so manche Möwe gestellt haben, die über die "Black Pearl" hinweg flog, das Schiff der erfolgreichsten Piraten-Figur der Leinwand.

Ein komisches Subjekt, dieser Captain Jack Sparrow aus "Fluch der Karibik": Er ist ein bisschen trottelig und erinnert mit seinem wendigen, sich ständig bewegenden Hals an eine Schildkröte.

Slapstickhaft sind sein schwankender Gang mit leicht zurückgebeugtem Oberkörper, die übertriebene Gestik und Mimik. Doch zugleich ist Sparrow so etwas wie ein Rockstar unter den Piraten: Ihn umgibt eine unantastbare Aura aus Arroganz, Draufgängertum und dem unfehlbaren Gespür für starke Auftritte - etwa, wenn er sich mit einem majestätischen Schritt von dem Mast seines sinkenden Schiffes auf den Hafensteg rettet.

Ursache für seine charakteristische Sprechweise soll ein unfreiwilliger Aufenthalt auf einer einsamen Insel sein: Als er noch Captain seiner heißgeliebten "Black Pearl" (Schwarze Perle) war, meuterte die Mannschaft und setzte Sparrow auf einer sandbank-ähnlichen Insel aus. Dort soll er sich monatelang nur von Rum ernährt haben und schließlich mit einem Floß aus Schildkrötenschädeln entkommen sein. Legendenbildung, wie es sich für eine Heldenfigur geziemt.

Sparrow ist ein Einzelgänger. Er bringt sich lieber selbst in Sicherheit, als sich für seine Crew zu opfern. Unvorstellbar, dass er seine Piraten wie einst der legendäre Störtebeker vor dem Henkerstod bewahrt, indem er mit abgeschlagenem Kopf an ihnen vorbeiläuft. Lediglich gegenüber der rebellischen Tochter aus gutem Haus, Elizabeth Swann, bröckelt seine selbstverliebte Facette bisweilen.

Sparrow passt in keines der klassischen Piratenmuster: Weder ist er ein blutdürstiger Bösewicht wie Captain Hook, noch ein edler Robin Hood der Weltmeere. Und für die Rolle des romantischen Drei-Groschen-Roman-Freibeuters torkelt er ein wenig zu sehr. Außerdem, welcher Rocker gibt sich schon mit einer Herzensdame zufrieden?