Powerfrau auf dem Oranje-Thron: Beatrix dankt ab
Amsterdam (dpa) - 33 Jahre lang trug sie statt Krone den ewig gleich toupierten Haarhelm. Doch das Markenzeichen der niederländischen Königin Beatrix war und ist ihr strahlendes Lächeln. Zehntausende werden ihr zujubeln, wenn sie am 30. April abdankt.
Das war vor 33 Jahren anders. Als sie am 30. April 1980 den Thron bestieg, lächelte sie nicht. Die junge Königin wurde mit wütenden Sprechchören empfangen. Hausbesetzer lieferten sich in Amsterdam Straßenschlachten mit der Polizei und riefen: „Keine Wohnung, keine Krönung“.
Schon bei ihrer Hochzeit 1966 flogen Rauchbomben. Beatrix hatte zur Empörung vieler ausgerechnet einen Deutschen geheiratet. Prinz Claus gewann zwar schnell die Herzen seiner neuen Landsleute. Dennoch hatte die junge Königin es schwer. Die Monarchie war nach zahlreichen Affären vor allem ihres Vaters, des deutschen Prinzen Bernhard, alles andere als stabil.
Beatrix sorgte mit straffer Regie auch über ihre Familie für das Überleben der Monarchie. Skandale, wie sie die Windsors plagten, gab es bei den Oranjes kaum.
„Königin“ war für Beatrix weitaus mehr als ein Beruf. „Ich habe die Königswürde nicht gesucht, sondern angenommen“, hatte sie zu Beginn ihrer Amtszeit gesagt. Es wurde ihre Lebensaufgabe. „Ich habe es immer als ein Vorrecht betrachtet, einen großen Teil meines Lebens in den Dienst unseres Landes zu stellen“, sagte sie im Januar, als sie ihre Abdankung ankündigte.
Als sie 1945 mit ihrer Familie aus dem Exil in Kanada zurückkehrte, musste die siebenjährige Prinzessin ihr Land erst kennenlernen. Das hörte eigentlich nie auf. Die Kronprinzessin bereitete sich bei Empfängen, im Staatsrat und in ihrem Jurastudium in der Stadt Leiden perfekt vor. Aber nicht nur dort. Sie zog sogar vermummt mit Brille und Kopftuch mit der Heilsarmee durch das Amsterdamer Rotlichtviertel.
„Sie ist eine absolute Powerfrau“, sagte der Historiker Geert Mak und rühmte ihre Disziplin. Noch in den letzten Wochen absolvierte die 75-Jährige einen wahren Marathon an Auftritten. Und jetzt wird sie begeistert empfangen. „Bea bedankt“, sangen Tausende spontan kürzlich in Utrecht. Selbst eingefleischte Republikaner hätten sie, ohne mit der Wimper zu zucken, zur Präsidentin gewählt.
Beatrix war die „Vorstandsvorsitzende der Niederlande GmbH“, und ihre großen Hüte und klassischen Kleider mit der ausgeprägten Schulterpartie passten dazu wie eine Uniform. Kein Ministerpräsident wagte es, unvorbereitet zu den wöchentlichen Treffen zu kommen. Denn Beatrix hatte alle Akten gelesen und eine sehr deutliche Meinung.
Zum Unmut mancher Politiker nutzte sie auch ihren kleinen politischen Spielraum optimal. In ihren Weihnachtsansprachen etwa plädierte sie für die multikulturelle Gesellschaft, den Umweltschutz und mahnte zur Toleranz.
Jahrzehntelang galt sie als unnahbar, als „Kontrollfreak“. Doch die Majestät wurde dann doch die „Mutter des Vaterlandes“, schrieb „De Volkskrant“. In schweren Zeiten stand sie ihrem Volk bei. Sie kam nach dem Flugzeugabsturz in Amsterdam 1992 zur Unglücksstelle, und nach dem versuchten Attentat auf die königliche Familie 2009 in Apeldoorn tröstete sie am Abend in einer Fernsehansprache das geschockte Volk.
Der Tod ihres Mannes im Jahr 2002 erschütterte sie tief. Und nach dem tragischen Lawinenunglück ihres zweiten Sohnes, Prinz Friso, Anfang 2012 sah man eine von Kummer gezeichnete Mutter. Fast jedes Wochenende reist sie zu ihrem Sohn, der im Koma in einer Klinik in London liegt.
Am 30. April wird aus der Königin wieder Prinzessin Beatrix - und sie kehrt nach Schloss Drakensteyn bei Utrecht zurück, wo sie mit ihrem Mann und den drei Söhnen 14 sehr glückliche Jahre verbracht hatte. Kaum einer kann sich Beatrix als Rentnerin vorstellen. Aber jeder gönnt ihr nun die Zeit für ihre große Leidenschaft, die Bildhauerei, die Freunde und die acht Enkel.