Abriss wegen Braunkohle Privat finanziert - Teil der Kirchenfenster aus Immerather Dom gerettet

Die Forschungsstelle Glasmalerei rettet 13 Fenster aus dem mittlerweile abgerissenen Immerather Dom auf eigene Kosten. Die Schuld an Zerstörung der restlichen Kunst sieht sie beim Bistum. Die Fenster auszubauen, sei für die Kirche keine Option gewesen.

Foto: Foto: Daniel Gerhards

Erkelenz-Immerath/Mönchengladbach. Als die beiden Abrissbagger Anfang der Woche die Mauern der ehemaligen Immerather Kirche St. Lambertus einrissen, ist vieles verloren gegangen. Nur 24 Stunden nachdem die Arbeiten begonnen hatten, lag die Kirche in Schutt und Asche. Das war ein Moment, in dem deutlich wurde, dass Kirchenmauern nicht nur aus Steinen und Mörtel bestehen. Sie bestehen aus Erinnerungen und Hoffnung.

Foto: Fotos: Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jahrhunderts/Collage: Horst Thomas

Dazu tragen auch die Kunstwerke bei, die die Kirchengebäude zu dem machen, was sie sind. Zum Beispiel die Kirchenfenster. „Glasmalereien sind Kultur- und Geschichtsdokumente, die Generationengeschichte und Traditionen belegen, die häufig von vielen einzelnen gespendet wurden, die Identität und Heimatbewusstsein schaffen“, sagt Kunsthistorikerin Annette Jansen-Winkeln von der Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jahrhunderts aus Mönchengladbach. Dass viele dieser Kulturgüter nun unter einem gewaltigen Haufen Schutt begraben sind, lastet sie der katholischen Kirche an.

Die Schuld für die Zerstörungen liege eindeutig auf Seiten der Kirche, da sie das Gebäude „frei von Lasten an RWE Power verkauft hat, mit der Maßgabe, dass alle Kunstverglasungen wie Wandteile zu behandeln und zu bewerten seien und abgerissen werden dürften“, sagt sie. Jansen-Winkeln lastet dem Bistum und der Pfarrgemeinde Christkönig Erkelenz also an, die Kirchenkultur zur Zerstörung freigegeben zu haben.

Den Vorwurf, dass die katholische Kirche zu wenig für ihr kulturelles Erbe tue, weist das Bistum Aachen allerdings weit von sich.

Abriss des „Immerather Doms“
18 Bilder

Abriss des „Immerather Doms“

18 Bilder

Einen Teil der Fenster hatte die Forschungsstelle Glasmalerei gleichwohl noch retten können. Und zwar auf den letzten Drücker. Bis Samstagmittag baute sie aus dem Immerather Dom 13 der 42 Glasfenstern aus, die von Ernst Jansen-Winkeln und Anton Wolff gestaltet worden waren. Noch am Montagmorgen, also unmittelbar vor dem Abrisstermin, wollte die Forschungsstelle ein weiteres Fenster von Jansen-Winkeln, das die Heilige Agathe zeigt, ausbauen.

Weil Greenpeace-Aktivisten das Gebäude aber für mehrere Stunden besetzt und den Abriss damit verzögert hatten, habe RWE der Forschungsstelle die Erlaubnis verwehrt, das Fenster auszubauen. Es ist mit anderen Glasmalereien und zum Beispiel auch mit kunstvollen Steinmetzarbeiten zerstört worden. Für Annette Jansen-Winkeln ist klar: Die Kirche schert sich zu wenig um ihre Kultur. Ein ehemaliger Generalvikar des Erzbistums Köln habe ihr mal gesagt: „Kirchenkultur ist Asche von Donnerstag, die Kirche muss in die Zukunft blicken.“

Das Bistum Aachen und die Pfarrgemeinde Christkönig weisen die Kritik jedoch von sich. „Die Pfarrgemeinde musste nach langen Verhandlungen, die durch das Bistum Aachen begleitet wurden, den Kirchbau an RWE abtreten. Dass immobile Kunstwerke, Fenster, Steinmetzarbeiten — wie der Kirchenbau insgesamt — dabei unwiederbringlich verloren sind, ist für alle schmerzlich“, sagt Stefan Wieland, Pressesprecher des Bistums.

Allerdings investiere das Bistum jährlich rund zehn Millionen Euro in den Erhalt seiner Kirchen und damit in den Erhalt von Kulturgut. Der Erkelenzer Pfarrer Werner Rombach sagt, dass einige alte Fenster, die noch aus der Vorgängerkirche des Immerather Doms stammten, in die Kapelle in Immerath (neu) integriert worden seien. Alle habe man nicht mitnehmen können: „Es musste auch passen.“

Die Fenster auszubauen, sei für die Kirche keine Option gewesen. Ausbau, Lagerung und Verschluss des Kirchengebäudes wären zu teuer geworden, sagt Wieland. Also retteten Annette und Ernst Jansen-Winkeln die Fenster auf eigene Kosten. Mehr als 10 000 Euro habe das gekostet, sagt Annette Jansen-Winkeln.

Bleibt die Frage, ob man die Kirchenfenster nicht viel früher hätte ausbauen können. Dann wären sicher mehr Glasmalereien zu retten gewesen. Schließlich habe sich Annette Jansen-Winkeln schon vor mehr als zehn Jahren beim Bistum und bei der Pfarrgemeinde gemeldet und darum gebeten, dass man sie in die Frage, was mit den Fenstern passiert einbezieht.