Düsseldorf. Speed-Dating liegt mehr und mehr im Trend. Und das nicht erst, seit es im Kinofilm "Shoppen" um die Macht spontaner Gefühle geht. Die Gründe sind leicht nachvollziehbar. Es ist die klassische Liebe auf den ersten Blick. In Sekunden steht fest, ob die Chemie stimmt. Jeder, der sich an eines der Tischchen setzt, versucht eine einfache Frage zu beantworten: Möchte ich diese Person noch einmal wieder sehen? Um das herauszufinden, benötigt man keinen Abend. Minuten reichen völlig aus. Fast jeder kennt dieses Gefühl aus dem Alltag. Wir sollen eine Entscheidung treffen, und anstatt sorgfältig alle Gründe gegeneinander abzuwägen, handeln wir spontan und aus dem Bauch heraus. Wir folgen Intuitionen nicht nur wenn es um Sportwetten, die richtige Zahnpasta oder die berufliche Karriere geht. Sondern auch wenn wir uns verlieben oder einfach nur spüren, dass der Dax steigen wird. Und das verblüffende ist: Oftmals erzielen wir damit die besten Ergebnisse.
Täglich müssen wir hunderte Dinge lösen
Täglich stehen wir vor Hunderten von Entscheidungen. Marmelade zum Frühstück oder ein Käsebrot? Fahren wir mit dem Auto zur Arbeit oder mit dem Bus? Sollen wir beim Chinesen essen gehen oder doch lieber beim Italiener? Würden wir für all diese Entscheidungen unseren Verstand bemühen, kämen wir aus dem Grübeln wohl nicht mehr heraus. Die Drähte im Gehirn würden womöglich heißlaufen. Also kaufen wir uns ein paar Socken, fahren mit dem Auto und gehen zum Italiener, ohne groß nachzudenken. Bei der Entscheidung für ein Haus oder ein Auto gehen wir hingegen sehr bewusst vor. Dabei gehen wir davon aus, dass scharfes Nachdenken und Abwägen die Wahrscheinlichkeit erhöht, das wir uns richtig entscheiden. Umso weitreichender die Konsequenzen, desto eher betrachten wir Spontanurteile mit Argwohn. Wir haben gelernt, dass die Qualität einer Entscheidung direkt damit zusammenhängt, wie viel Zeit wir darauf verwenden. Wir glauben, dass wir gut beraten sind, so viele Informationen wie möglich zusammenzutragen. Dabei hat bereits Albert Einstein die Kunst des unbewussten Denkens gepriesen. "Alles, was wirklich zählt, ist Intuition", ließ der geniale Physiker verlauten. Wer sich hingegen allzu oft auf seine Bauchgefühle beruft, wird zuweilen immer noch als schlichtes Gemüt belächelt. Die Psychologie hingegen ist längst anderer Ansicht. "Intuitive Prozesse haben nichts Esoterisches und werden seit 20 Jahren intensiv erforscht", sagt der Wuppertaler Psychologe Stephan Ihle. Experimente haben gezeigt, dass weniger Zeit und weniger Informationen zu besseren Entscheidungen führen können. Mehr ist in diesem Fall also nicht immer besser. Allerdings setzt sich das Wunderwerk Intuition aus drei Komponenten zusammen: Affekt, Erfahrung und Bewusstsein. Denn der reine Instinkt ist zu grob, um uns durch die kniffeligen Situationen des Lebens zu lavieren. Wir brauchen Fingerspitzengefühl und etwas, das der Bremer Gehirnforscher Gerhard Roth mit "emotionaler Konditionierung" umschreibt. Demnach kritzeln wir in unseren Gedanken ständig unauffällig Gefühlsnotizen, heften sie an das Erlebte und legen sie ab zu unserem stetig wachsenden Erfahrungsschatz. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir mit unseren intuitiven Urteilen richtig liegen. Wir können gar nicht anders, und wir müssen uns auf diese Fähigkeit verlassen und kommen wieder und wieder in Situationen, in denen uns ein dünnes Scheibchen von ein oder zwei Sekunden eine Menge verraten kann.
Intuitions-Übungen Entspannung Machen Sie es sich an einem ruhigen Platz für einen kurzen Moment ganz bequem. Dies gilt nur für die Zeit des Erweckens Ihrer Intuition, später können Sie diese Übung überall machen. Entspannen Sie sich, schließen Sie die Augen und atmen sie drei bis viermal tief ein und aus. Geben Sie sich die Erlaubnis, kreativ sein zu dürfen. Lassen Sie nun vor Ihrem inneren Auge ein Bild entstehen, und beschreiben Sie genau, was Sie sehen, hören, und spüren können. Vielleicht gehört auch ein Geruch oder Geschmack dazu.
Notizen Lassen Sie dieses Bild seine Geschichte erzählen. Seien Sie neugierig, wie sich alles entwickeln wird. Notieren Sie sich ganz genau, was alles wichtig war in Ihrem Erleben. Woran hat sie das erste Bild erinnert? Was ist genau passiert? Wer war mit dabei? Wo genau war das? Wie hat es sich weiterentwickelt? Was gab es wichtiges zu hören - Worte, Namen, Melodien, Töne, Klänge, Geräusche, Stille? Welche Gefühle haben das Ereignis begleitet? Lesetipps: M. Gladwell, Blink! Die Macht des Moments, Campus, 24,90 Euro; G. Gigerenzer, Bauchentscheidungen, Bertelsmann, 19,95 Euro