Raucherbeine und Zahnstummel: Gruselfotos gegen Glimmstängel

Berlin (dpa) - Faulende Raucherbeine, geschwärzte Zahnstümpfe oder krebsbefallene Lungen - mit solchen Gruselbildern und abschreckenden Warnungen auf einem Großteil von Zigaretten- und Tabakpackungen soll die Lust am Rauchen weiter eingedämmt werden.

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Das erhofft sich die Politik von der EU-Tabakrichtlinie, die bis 20. Mai 2016 auch in Deutschland umgesetzt werden muss:

Worum geht es bei den Schockbildern auf Packungen?

Vom 20. Mai 2016 an müssen Zigaretten- und Drehtabak-Verpackungen größtenteils mit kombinierten Warnbildern und aufklärende Texte versehen werden. Zwei Drittel der Vorder- und Rückseite der Verpackungen sind dafür reserviert. 42 Fotos stehen zur Auswahl. Ein gelb hinterlegter Text soll auch Anlaufstellen für Raucher nennen, die aufhören wollen. Verpackungen, die bis 20. Mai 2016 nach alten Regeln produziert werden, können ein Jahr lang abverkauft werden. Für Zigarren- und Cigarillo-Schachteln gelten Ausnahmen - da es hier kaum jugendliche Raucher gibt und kleinere Firmen betroffen wären.

Sind die großen Gruselbilder die einzige Änderung?

Nein. Menthol-Produkte etwa sollen ab 20. Mai 2020 komplett verboten werden. Aromen, die den Tabakgeschmack überdecken, sollen vom Markt verschwinden - also Zigaretten und Drehtabak mit Aromen. Es wird von etwa 50 Aromen ausgegangen. Es geht auch um „technische Merkmale“, mit denen sich Geruch, Geschmack oder Stärke ändern lassen. Oder um Filter, Papier oder Kapseln, die Tabak oder Nikotin enthalten.

Was kommt zusätzlich auf die Hersteller zu?

Kleine Verpackungsgrößen sind für bestimmte Tabakwaren verboten, ebenso andere verkaufsfördernde und irreführende Elemente auf Verpackungen. Um Fälschungen vorzubeugen, müssen Verpackungen ein Erkennungs- und ein fälschungssicheres Sicherheitsmerkmal tragen - ab 20. Mai 2019 für Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen und ab 2024 für alle anderen Tabakerzeugnisse. Bevor ein Hersteller ein neues Tabakprodukt auf dem europäischen Markt platziert, hat er künftig ein Zulassungsverfahren zu durchlaufen.

Werden jetzt auch E-Zigaretten reguliert?

Ja. Für nikotinhaltige E-Zigaretten und Nachfüllbehälter gibt es jetzt ebenfalls Sicherheits- und Qualitätsanforderungen. Der Markt für elektronische Zigaretten, bei denen eine Flüssigkeit verdampft und durch den Konsumenten inhaliert wird, ist noch relativ jung. Bisher gibt es in Deutschland dazu keine spezifischen gesetzlichen Regelungen. Hier gelten jetzt ebenfalls die schon länger bestehenden Werbeverbote für Tabakprodukte - etwa im Hörfunk, in der Presse und anderen Druckerzeugnissen oder das Sponsoring-Verbot.

Kommen jetzt schärfere Werbeauflagen für die Tabakindustrie?

Ja. Eine Ausweitung des Tabakwerbeverbots - etwa ein Verbot der Plakatwerbung ab dem Jahr 2020 - sollen aber in einem separaten Gesetzesentwurf geregelt werden. Kinowerbung bleibt aber bei Filmen mit einer Altersbeschränkung von 18 Jahren erlaubt. Weiter zulässig sein soll voraussichtlich „Werbung an Außenflächen von Geschäftsräumen (Mauerwerk und Fenster)“ - also an Kiosken oder Fachgeschäften. Vorgesehen ist ein Verbot der kostenlosen Abgabe Tabakprodukten. Dazu muss sich noch die EU-Kommission äußern.

Was soll mit diesen Gesetzesplänen bewirkt werden?

Der Gesundheitsschutz soll erhöht und der Tabakkonsum weiter eingedämmt werden - vor allem bei Jugendlichen. Mit dem Regelungsvorhaben wird nach Kabinettsunterlagen angestrebt, die Raucherquote um 2 Prozentpunkte zu senken. Die jährlichen Kosten der Sozialkassen durch Tabakkonsum bedingte Gesundheitsschäden betragen nach Angaben des Ressorts rund 25 Milliarden Euro, die gesamten indirekten Kosten des Rauchens würden auf rund 54 Milliarden Euro pro Jahr beziffert. Von der angestrebten Senkung der Raucherquote wird ein Rückgang der indirekten Kosten um etwa 215 Millionen Euro erhofft. Andererseits werden weniger Einnahmen aus der Tabaksteuer, erwartet, die derzeit rund 15 Milliarden Euro im Jahr betragen.

Und was kommt auf die Industrie zu?

Der Tabakmarkt ist schon jetzt rückläufig - die Hersteller kämpfen um die verbliebenen Marktanteile. Das Verbot von Menthol-Zigaretten dürfte zu Gewinneinbußen dürften. Laut Gesetzentwurf sind zusätzliche jährliche Kosten für die Wirtschaft von insgesamt 17 Millionen Euro und ein Umstellungsaufwand von rund 67 Millionen Euro zu erwarten. Im Zuge der nötigen Sicherheitsmerkmale kämen ab 2019 beziehungsweise 2024 weitere rund 38 Millionen sowie ein jährlicher Aufwand von 13 Millionen Euro hinzu. Andererseits dürften die Hersteller durch die Werbeverbote rund 70 Millionen Euro sparen - was aber wiederum die Werbebranche träfe.