Reparatur im All: Ritt auf dem Roboterarm

US-Astronaut Scott Parazynski flickt das Sonnensegel der ISS und entfernt sich so weit von der Schleuse wie niemand zuvor.

Washington. Die Erleichterung steht den sonst so coolen Männern im Kontrollzentrum Houston ins Gesicht geschrieben. Breites Lachen, überschäumender Jubel, "einfach fantastisch". Auch "Discovery"-Kommandantin Pamela Melroy stimmt mit ein: "Das ist eine Goldmedaille wert." Die Ausgelassenheit über den geglückten "Weltraumspaziergang" des US-Astronauten Scott Parazynski am Samstag macht deutlich, wie hoch das Risiko war. Es ging nicht nur um die Reparatur eines Sonnensegels in 370 Kilometern Höhe. Es stand mehr auf dem Spiel - vor allem für die Europäer. Wäre die Reparatur missglückt, hätte das europäische Weltraumlabor "Columbus" wohl kaum wie geplant Anfang Dezember an der ISS andocken können. "Ritt auf dem Roboterarm", nannten manche bei der Nasa die Aktion. Die Bilder, die die US-Weltraumbehörde zur Erde funkte, waren schlicht atemberaubend. 18 Meter lang ist der Kran der Raumstation, 15 Meter lang der Roboterarm der "Discovery". Und am oberen Ende vollführte der 1,85 Meter große Parazynski einen Drahtseilakt: Er konnte den Riss im Sonnensegel gerade so mit den Händen erreichen. "Gut, dass Du so lange Affenarme hast", scherzte Kommandantin Melroy später. Manche nennen den sieben Stunden und 19 Minuten langen Einsatz bereits historisch. Andere sprechen von einer Notoperation oder von Flickwerk im All. Es machte in der Tat den Eindruck, als nähme der 46-Jährige mit seinen unförmigen Astronautenhandschuhen Nadel und Faden zu Hand, um den Riss zu flicken. "Nähen mit Fausthandschuhen", meinte Parazynski. Der 90 Zentimeter lange Riss war am Dienstag entstanden, als Parazynski und sein Kollege Doug Wheelock einen 16Tonnen schweren Dreharm anbrachten, der die Flügel zur Sonne ausrichtet. Am Ende hielt das Flickwerk, der Solarflügel konnte voll ausgefahren werden - die Stromversorgung für den weiteren Ausbau der ISS ist gesichert. Dafür nahmen die Nasa-Leute ein "gewisses Risiko" in Kauf. Niemals zuvor habe sich ein Astronaut so weit von der rettenden Schleuse der Raumstation wegbegeben, hieß es. Im Notfall hätte die Rückkehr eine Stunde gedauert - sonst sind es 30 Minuten. Parazynski drohte ein 300-Volt-Stromschlag. Er führte deshalb einen mit Isolierband umklebten Stock mit sich, um in der Schwerelosigkeit den Flügel auf Abstand halten zu können. "Mein ,Hockeyschläger’ hat mir gute Dienste geleistet", sagte er.