Rheinische Kirche entschädigt Opfer sexueller Gewalt
Die rheinische evangelische Kirche will Opfer sexueller Gewalt ini hre Reihen entschädigen. Zum Teil brauchen Opfer Jahrzehnte, bis sie sich offenbaren. 67 Fälle wurden in zwei Jahren bekannt.
Düsseldorf (dpa). Die Evangelische Kirche im Rheinland entschädigt Opfer sexueller Gewalt in den eigenen Reihen mit bis zu 5000 Euro. Das Geld werde ohne Anerkennung einer Rechtspflicht an Betroffene gezahlt, wenn sie glaubhaft machen könnten, dass sie sexuelle Gewalt durch berufliche Mitarbeiter der rheinischen Kirche erlitten hätten, sagte Vize-Präses Petra Bosse-Huber am Montag in Düsseldorf. Auch an Regelungen in Fällen ehrenamtlicher Mitarbeiter werde gearbeitet.
Für die Entschädigungszahlungen hat die Kirche einen Fonds gebildet. Über die Anträge entscheidet eine unabhängige Kommission. „Es geht niemand leer aus, der Anspruch hat“, sagte Bosse-Huber. Über die Übernahme von Therapie- oder Beratungskosten wird gesondert verhandelt.
In den vergangenen zwei Jahren hätten sich 46 Betroffene bei der Anlaufstelle der Kirche gemeldet, in knapp der Hälfte der Fälle sei es um aktuelle sexuelle Übergriffe gegangen. In zwölf dieser gemeldeten Fälle seien ehrenamtliche Mitarbeiter beschuldigt worden. Weitere 21 Personen hätten sich als Vorgesetzte Rat geholt, sagte Bosse-Huber. Die Meldungen reichen von sprachlicher sexueller Gewalt im Berufsalltag bis hin zu schweren Gewaltfällen.
„Wir wissen, dass eine Wiedergutmachung nicht möglich ist“, sagte Bosse-Huber. Die Kirche wolle mit den Zahlungen zum Ausdruck bringen, dass sie das Leid wahrnehme. Manche Betroffene brauchten sehr lange, bis sie sich zu äußern wagten. Allein seit Januar hätten sich sechs Betroffene an die kirchliche Anlaufstelle gewandt. Die Fälle lägen zwischen 30 und drei Jahren zurück.
In den vergangenen zehn Jahren sei gegen 24 Pfarrer und Kirchenbeamte disziplinarrechtlich wegen Vorwürfen sexueller Gewalt ermittelt worden, drei seien aus dem Dienst entlassen worden, berichtete Bosse-Huber.
Die rheinische Kirche hatte die „Leitlinien zum Umgang mit sexualisierter Gewalt“ Anfang des Jahres überarbeitet. Die Kirchenmitarbeiter sind verpflichtet, Verdachtsmomente zu melden. Beschäftigte müssen ein sogenanntes erweitertes Führungszeugnis vorlegen, in dem einschlägige Vorstrafen vermerkt wären. Wie mit vergleichbaren Zeugnissen der rund 250 000 ehrenamtlichen Mitarbeiter verfahren werden soll, ist noch in der Diskussion.