RTL beschummelt Kandidaten
Bohlens Sprüche werden oft erst später hineingeschnitten.
Köln. Viele Zuschauer der RTL-Talentshow "Deutschland sucht den Superstar" lauern nur darauf: Trifft ein Kandidat beim Vorsingen die Töne nicht, sieht er nicht topgestylt aus, dann ist in der Regel ein ätzender Spruch von Chefjuror Dieter Bohlen fällig.
Ihm scheinen unentwegt neue gemeine Vergleiche einzufallen - doch dieser Eindruck trügt. Denn manches schäbige Urteil wird erst hinterher in die Szene hineingeschnitten. Diesen Vorwurf erheben Marcel Finette und sein Vater Udo.
Der 18-jährige Auszubildende sang in der Sendung am Mittwoch ein nicht ganz lupenreines "Ave Maria". Wegen seiner befleckten Hose ("Ich war vorher auf dem Klo") musste er sich von Bohlen allerlei Toiletten-Assoziationen anhören und bekam zum Schluss das Urteil: "Lieber Cholera auf dem Pipimann als deine Stimme."
Dieser Satz sei in der Situation aber gar nicht gefallen, sagt Udo Finette. Beim Auftritt seines Sohnes habe es nur lapidar geheißen: "Bleib lieber in deiner Firma."
Der Sender bestätigt gegenüber "Bild" die Praxis im Prinzip. RTL-Sprecherin Anke Eickmeyer sagte: "Natürlich wird das Rohmaterial von Kandidaten-Auftritten für die Sendung bearbeitet. Über die Möglichkeit sind die Kandidaten durch ihre persönliche Teilnehmervereinbarung informiert." Inhaltlich werde das Urteil der Jury aber nicht verändert.
Im Fall von Marcel Finette räumt Eickmeyer ein: "Dieser Spruch fiel gegenüber einem anderen Kandidaten. Da der Spruch aber gut das Urteil der Jury und die Umstände seines Auftritts beschreibt, wurde er verwendet. Das passiert in Ausnahmefällen." Es würden aber keine Sprüche im Nachhinein aufgezeichnet.
RTL kann sich nur die Hände reiben, dass es gleich zu Beginn der siebten Staffel mal wieder einen quotenförderlichen Aufreger gibt. Doch auch die Kommission für Jugendmedienschutz ist dadurch erneut auf die Sendung aufmerksam geworden.
Sie will in ihrer Sitzung am 20. Januar prüfen, ob Bohlen den 18-jährigen Marcel so beleidigt hat, dass ein Verstoß gegen den Jugendschutz vorliegt. Vor zwei Jahren hatte die Kommission gegen RTL wegen wiederholter beleidigender Äußerungen und antisozialem Verhalten ein Bußgeld von 100.000 Euro verhängt.