Rudi Assauer: Keiner haut mehr auf den Tisch
Schalkes Ex-Manager Rudi Assauer wird 65: „Unglaublich, die Rentenversicherung zahlt mir Kohle.“
Gelsenkirchen. Neulich bekam Rudi Assauer von der Deutschen Rentenversicherung einen Brief und konnte kaum fassen, was er da las: "Die zahlen mir demnächst monatlich Kohle. Unglaublich, aber es ist schon so weit", sagt er, und sein Lächeln verschwindet in einer Wolke aus Zigarrenqualm.
45 Jahre lang hat Assauer als Spieler und als Manager unverwechselbare Spuren im Fußball hinterlassen. Und Rente hin oder her: Auch nach seinem 65. Geburtstag am Donnerstag - "gefeiert wird nicht" - ist er dem Ruhestand in etwa so nahe sein wie seine alte Liebe Schalke 04 der achten deutschen Meisterschaft.
Assauer ist Werbe-Ikone eines Bierbrauers ("Bruce Willis ist schwer in Ordnung"), tourt mit den Sportjournalisten Manni Breuckmann und Werner Hansch durch die Republik und hält Fußball-Vorträge, arbeitet als Spielervermittler (RA sportmanagement AG), sucht nach dem Auszug seiner Lebensgefährtin Simone Thomalla einen Käufer für seine 420-Quadratmeter-Villa in Gelsenkirchen-Buer und hat ein neues Projekt im Sinn: "Ich werde meine Biografie schreiben."
Diese Ankündigung dürfen die derzeitigen Schalker Bosse getrost als Drohung auffassen. Auch drei Jahre nach seinem erzwungenen Rücktritt als Manager der Königsblauen liegen Assauer die Geschehnisse im Magen.
Wenn er über die Schalker Führungsriege spricht, kann er die Verbitterung nur schwer verbergen. "Diese Leute haben nicht die sportliche Kompetenz, nicht die Klasse, um Schalke nach vorne zu bringen. Die verstehen nicht, wie Fußball funktioniert, sind aber jetzt für die Managersuche verantwortlich - da pack’ ich mir an den Kopp", sagt Assauer.
"Die glauben doch, im Ball sitzt ein Frosch, weil der so schön hüpft." In der aktuellen Trainerdiskussion spricht er sich für Mike Büskens, Youri Mulder und Oliver Reck aus ("Sie haben sich eine Chance redlich verdient"), in punkto Manager schweigt er, weil sich die Schalker Chefetage "mal schön allein ihre Gedanken machen soll". Die Meisterschale hätten der Verein und vor allem die Fans verdient, "nicht aber diese Leute".
Dass Assauer nicht mehr an seinem Lebenswerk arbeiten darf, haben selbst in Gelsenkirchen noch nicht alle mitbekommen. Als vor einigen Monaten der Brasilianer Rafinha mal wieder bis in den Morgen feierte, riefen dessen Nachbarn mehrfach Assauer an: Er sollte den Abwehrspieler zur Vernunft bringen.
In der Narrenfreiheit der Spieler sieht Assauer einen Hauptgrund der Schalker Misere. "Hätten die sich bei mir so etwas erlaubt, hätte ich gesagt: ,Du bekommst noch eine Chance, und beim nächsten Mal fliegst du achtkantig raus.’ Aber heute haut keiner mehr auf den Tisch."
Er ist nie einer Diskussion aus dem Weg gegangen - schon gar nicht während seiner insgesamt 18 Jahre als Manager von Schalke 04. Er rettete den Klub 1993 vor dem Lizenzentzug, er war Baumeister der 1997er Uefa-Cup-Elf und der Arena, mit der er sich selbst ein Denkmal gesetzt hat.
Assauer ist sich in seiner Karriere immer treu geblieben, auch wenn ihm seine Art, die Dinge beim Namen zu nennen, "viele Feinde eingebracht hat". Sich zu ändern, kommt nicht in Frage. Nicht mal das Rauchen will er aufgeben.