Salzburger Festspiele mit Gauck-Rede eröffnet
Salzburg (dpa) - Kunst als Erweckung aus der menschlichen Tristesse: Mit einer Rede über die Kraft der Kultur hat der Bürgerrechtler Joachim Gauck am Mittwoch die 91. Salzburger Festspiele eröffnet.
Der Aufführungsreigen des bis Ende August dauernden Opern-, Schauspiel-, und Konzertfestivals sollte am Abend mit der Vorstellung des Traditionsstücks „Jedermann“ auf dem Domplatz und der Mozart-Oper „Le nozze di Figaro“ beginnen. Insgesamt stehen bei den Salzburger Festspielen, einem der wichtigsten Festivals weltweit, mehr als 185 Aufführungen an 14 Spielorten in Österreich auf dem Programm.
Gauck erinnerte daran, wie sehr Künstler unter einer Diktatur eingeschränkt sind. In Anspielung auf sein Leben in der DDR sagte er, seine pure Präsenz sei ein Zeichen dafür, dass es eben nicht selbstverständlich sei, wenn freie Menschen in einer freien Gesellschaft freien Künstlern begegnen dürfen: „Es ist ein Geschenk der Zivilisation an die Lebenden.“
Vor diesem Hintergrund sprach er sich gegen die Einschränkung von Freiheitsrechten aus Sicherheitsaspekten als Reaktion auf Terror aus: „Wir dürfen uns von den Fanatikern und Mördern nicht unser Lebensprinzip diktieren lassen.“ Europa sei mehr als die Summe seiner Ängste.
Unterstützer verteilten vor der Felsenreitschule die Rede des Schweizer Soziologen und Globalisierungskritikers Jean Ziegler, der ursprünglich für die Festrede vorgesehen war. Er wurde wegen angeblicher Nähe zum libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi aber wieder ausgeladen. Ziegler selbst vermutete, dass die Ausladung mit seiner antikapitalistischen Haltung zu tun habe, die Großkonzernen als Sponsoren der Festspiele nicht gepasst habe.
Intendant Markus Hinterhäuser hat dem Festival in diesem Jahr das Motto „Das Ohr aufwecken, die Augen, das menschliche Denken“ gegeben. Gauck sagte, man dürfe von Künstlern keine Wunder erwarten, aber sie könnten doch mit ihren Werken Menschen berühren, neue Blickwinkel eröffnen und ihnen helfen, „Ja“ zum Leben zu sagen: „Dann werden unserer Seele Flügel geschenkt.“
Der österreichische Bundespräsident Heinz Fischer forderte in seiner Rede in Zeiten von Wirtschaftskrise und Terrorismus europäische Solidarität ein: „Wir lassen uns Demokratie und Menschenrechte weder wegbomben noch wegschießen.“ Solidarität beruhe aber auf Gegenseitigkeit und sei nicht zum Nulltarif zu haben.
Erste neuinszenierte Opernpremiere ist bei den Festspielen am Freitag „Frau ohne Schatten“ von Richard Strauss unter der Regie von Christof Loy. Dirigent Christian Thielemann leitet erstmals ein Opernorchester in Salzburg. Das Schauspielprogramm startet am Donnerstag mit einem neunstündigen „Faust“-Marathon aus den Teilen I und II in der Inszenierung von Nicolas Stemann.