Schlägerei zwischen Jesiden und Islamisten löst Polizei-Großeinsatz aus

Der Bürgerkrieg im Irak erreicht auch die Angehörigen der streitenden Gruppen in Deutschland. In Herford entlud sich die Gewalt zwischen Jesiden und Sympathisanten radikaler Islamisten. Der Staatsschutz ermittelt.

Jesiden protestieren am 06.08.2014 in Herford (Nordrhein-Westfalen) nach einem Messerangriff von IS-Sympathisanten.

Foto: Ralf Bittner

Herford (dpa). Nach gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Jesiden und Sympathisanten der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) in Herford ermittelt jetzt der Staatsschutz. Der Aufruf von Jesiden zu einer Demonstration gegen die Übergriffe auf Angehörige ihrer Glaubensgemeinschaft im Irak hatte am Mittwoch einen Überfall, Krawalle und einen stundenlangen Großeinsatz der Polizei ausgelöst. Die Polizei nahm sechs Männer fest, die überwiegend aus Tschetschenien stammen. In der Nacht habe die starke Polizeipräsenz für Ruhe gesorgt, hieß es.

„Jeder hat hier das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit“, sagte der Sprecher des NRW-Innenministeriums, Ludger Harmeier. „Gegen Gewalt wird die Polizei aber konsequent vorgehen.“ Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Landtag, Sigrid Beer, sprach von Entsetzen über die Gewalt im Irak im Namen der Religionen. „All das darf nicht zu gewalttätigen Stellvertreterkonflikten bei uns führen.“ Darum seien hier die Religionsgemeinschaften gefordert.

Ein Sprecher der Assalam-Moschee in Herford sagte, man habe nichts mit den Auseinandersetzungen zu tun. „Wir sind nicht einverstanden mit der Auseinandersetzung in Herford und dem, was im Irak passiert.“ Dies sei ein Problem zwischen den Kurden und den Tschetschenen. Man versuche zu einer Lösung beizutragen. Für Freitag ist eine Demonstration von Jesiden in Herford angemeldet. Erwartet werden mehrere hundert Teilnehmer. Zu einer ähnlichen Demonstration von Jesiden gegen die Gewalt im Irak erwartet die Polizei am Samstag in Bielefeld 5000 bis 10 000 Teilnehmer.

Dem Polizeibericht zufolge hatten Jesiden an einem Imbiss in der Herforder Innenstadt den Demonstrationsaufruf für Freitag aufgehängt. Sechs IS-Sympathisanten hätten dann fünf Jesiden attackiert. Zwei 31 und 16 Jahre alte Jesiden wurden durch Messerstiche leicht verletzt. Bei den Festgenommenen handle es sich um polizeibekannte, 20 bis 26 Jahre alte Männer, die in Herford, Hiddenhausen und Hamburg wohnen.

Später versammelten sich mehrere hundert Jesiden, um gegen den Angriff zu protestieren. Es kam zu Sachbeschädigungen und Landfriedensbruch, als eine vermummte und mit Schlagwerkzeugen bewaffnete Menge auf Passanten einschlug. Ein 24-jähriger Herforder erlitt Platzwunden und Prellungen. Die Polizei setzte massiv Pfefferspray ein.

Zur Unterstützung wurden Polizisten aus Ostwestfalen und Hundertschaften aus Bochum und Dortmund nach Herford beordert. Die ganze Nacht lang seien größere Personengruppen kontrolliert worden, sagte ein Polizeisprecher. Von 86 Menschen wurden die Personalien aufgenommen. Schlagwerkzeuge und eine Schusswaffe wurden sichergestellt. Es habe aber keine Auseinandersetzungen mehr gegeben.

Im Nordirak sind derzeit Zehntausende Menschen auf der Flucht vor den Extremisten. Die Flüchtlinge gehören der religiösen Minderheit der Jesiden an, einer monotheistischen Religion. Die Jesiden sind Kurden und leben vor allem in der Gegend um die nordirakische Stadt Mossul.

Die Terrorgruppe Islamischer Staat hatte am Wochenende mehrere Gebiete nördlich und westlich von Mossul nach heftigen Kämpfen mit kurdischen Einheiten unter ihre Kontrolle gebracht. Sie geht rücksichtslos gegen Gegner und Andersgläubige vor. Die jesidische Gemeinde in Deutschland zählt nach Angaben des Zentralrats rund 60 000 Menschen, vor allem in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.