Schweinegrippe im Gepäck: Souvenir vom Ballermann

Die Liste der Urlauber, die krank aus Spanien heimkehren, wird täglich länger.

Düsseldorf/Madrid. In Spaniens Urlaubs- und Partyparadiesen steigt das Risiko, sich mit der Schweinegrippe zu infizieren. Die gefährlichsten Ansteckungsorte sind der Ballermann auf Mallorca und die Partymeile von Lloret de Mar an der Costa Brava. Dutzende ausländische Touristen, vor allem aus Deutschland, brachten inzwischen aus den Ferien den Virus H1N1 als unerwünschtes Reisesouvenir in die Heimat mit - einige kamen gleich vom Flugzeug oder dem Reisebus ins Krankenhaus. Aus der Region hat es in den vergangenen Tagen gleich 17 Spanien-Urlauber getroffen: sechs aus Hilden, drei aus Langenfeld, vier aus Mönchengladbach und vier aus Solingen.

Unter der spanischen Sonne versichern die Behörden freilich, dass "alles Menschenmögliche" gegen die Grippe-Pandemie getan wird - doch es tauchen Zweifel auf. Inzwischen hat die Schweinegrippe in Spanien bereits vier Todesopfer gefordert. Darunter waren nicht nur alte oder durch andere Krankheiten geschwächte Menschen. Bei einer jungen Frau, die während ihres Urlaubs auf Mallorca gestorben ist, sei das H1N1-Virus außergewöhnlich aggressiv gewesen, hieß es. "Sie war vorher kerngesund", sagte der balearische Gesundheitsminister Vicenç Thomàs.

Von solchen Meldungen lassen sich die meisten Deutschen ihren Urlaubsspaß (noch) nicht vermiesen. Besonders junge Leute feiern bis "der Arzt kommt". Gleich 17 Schüler aus dem norddeutschen Kiel kamen aus der spanischen Urlaubshochburg Lloret de Mar mit der Schweinegrippe zurück. Das gleiche Schicksal widerfuhr am gleichen Ort sechs Jugendlichen aus Hilden, wo man sich auf weitere Fälle einstellt - die sechs gehörten zu einer 100-köpfigen Reisegruppe.

Lloret ist ein beliebtes Ziel für junge Leute - wegen seiner 24-Stunden-Partystimmung. Massen von Abiturienten feiern hier ihren Abschied vom Schülerdasein, viele Veranstalter bieten dazu billige Rundum-Pakete an. Llorets Strandfeiern mit Saufgelagen und die Discos mit engem Körperkontakt sind der ideale Virus-Umschlagplatz. Die Infektionsgefahr steigt, warnen Experten, je näher man anderen kommt.

Als sich die ersten Symptome der Schweinegrippe einstellten, gaben die Jugendlichen zunächst den Nachwirkungen des Alkohols die Schuld. "Ich habe gezittert und geschwitzt wie Sau", berichtet ein 22-jähriger deutscher Mallorca-Urlauber nach seiner Rückkehr der "Braunschweiger Zeitung". Die Nase lief, der Hals schmerzte - bestimmt fünf Mal habe er sich vor lauter Schwitzen umziehen müssen. Woher er die Grippe hatte, liegt für ihn auf der Hand: "Wir haben alle aus einem Strohhalm getrunken."

Auch Mallorca, wo sich jetzt hunderttausende Urlauber tummeln, scheint wesentlich stärker vom Virus betroffen, als den Inselbehörden lieb ist. Eine vierköpfige Familie aus Solingen kehrte infiziert von der Insel zurück. Das Fatale: Möglicherweise sind in der Kinderambulanz des Solinger Klinikums weitere Menschen mit der Schweinegrippe angesteckt worden, weil ein Arzt die Krankheit nicht erkannt hatte. Ein Sohn (8) der Familie musste - obwohl die Eltern auf die mögliche Erkrankung hinwiesen - mit hohem Fieber zusammen mit anderen Kindern warten und wurde anschließend auch nicht auf Schweinegrippe behandelt. Erst als die Eltern am nächsten Tag zu einem Kinderarzt gingen, bestätigte sich ihr Verdacht.

Die Liste der erkrankten "Malle"-Urlauber wird im Stundentakt länger: Acht junge deutsche Männer aus der Nähe Hannovers kamen vom Pauschalurlaub mit dem Virus zurück. Genauso wie sieben junge Hessen, die am "Ballermann" ihr Abi feierten. Auch aus Großbritannien und Portugal werden zunehmend Mallorca-Infektionsfälle gemeldet. Nur die balearischen Gesundheitsbehörden bekommen nicht so richtig mit, dass das Schweinegrippe-Virus am "Ballermann" unterwegs ist. Lediglich drei offizielle H1N1-Kranke auf Mallorca, einer auf Ibiza, lautet der letzte Stand. "Das Virus zirkuliert auf Mallorca genauso wie in Düsseldorf oder Helsinki", spielte das Balearen-Gesundheitsministerium die Urlauber-Infektionen gegenüber der zunehmend besorgten Inselpresse herunter. Tatsache ist, dass das Urlaubsland Spanien mit derzeit etwa 1100 registrierten Infektionsfällen größtes Sorgenkind in Europa ist.