Sexualaufklärung: Von „Pullermann“, den „Kullern dran“ und einem Bischof
Der Boykott eines Theaterstücks durch die katholische Kirche in Fulda sorgt für Verwunderung.
Fulda. Stand Bischof Heinz Josef Algermissen die Zornesröte oder doch mehr die Schamesröte ins Gesicht geschrieben, als er dies lesen musste: "Ja das ist mein Pullermann, mit dem ich prima pullern kann. Da hängen noch zwei Kullern dran, in einem Beutelchen, oh Mann." Eine Zeile eines Kinderlieds aus dem Theaterstück "Nase, Bauch und Po" der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Seit vier Jahren tourt das Stück zur sexuellen Aufklärung durch Deutschland, bislang ohne Kritik. Doch Algermissen, Bischof von Fulda, untersagte den Kindergärten seiner Diözese den Besuch der Aufführung. Wie es scheint, auf Druck von erzkonservativen Abtreibungsgegnern.
Dabei ist "Nase, Bauch und Po" als Aufklärungsstück für Kinder so etabliert und fundiert, wie es sich Eltern nur wünschen können. Wissenschaftler befragten Kinder im Nachhinein zu den Aufführungen, Kinderschutzverbände haben sämtliche Inhalte und Begleitmaterialien geprüft und für unbedenklich erklärt. Außerdem ist das interaktive Stück, bei dem die Kinder auch selbst befragt werden, ein echter Renner. Bisher zählte die Organisatoren 55000 Zuschauer.
Aber was genau hat Algermissen zu seinem Vorstoß bewegt? Denn im ebenfalls zur Diözese gehörenden Kassel, wo "Nase, Bauch und Po" zuvor gastierte, durften die katholischen Kindergärten teilnehmen. Womöglich ließ sich der Bischof von einer in Fulda hitzig wetternden Vereinigung von Abtreibungsgegnern anstacheln. "Wir haben dem Bischof ein Fax geschickt mit der Bitte, er möge alles tun, damit es nicht zu der Aufführung kommt", sagt Otto Spahn, Sprecher des Aktionskreis Fulda der Aktion Leben. Zur Untermauerung zitierte die Organisation in dem Fax verschiedene Textstellen aus dem Stück, darunter jene über den "Pullermann". Die Aktion Leben, eine aggressiv auftretende Gruppe von Abtreibungsgegnern, hat nach eigenen Angaben in der Region Fulda tausend Mitglieder.
Algermissen hatte sich bislang nicht als Scharfmacher unter den Bischöfen hervorgetan. Er sitzt aber auch im Kuratorium des konservativen Forum deutscher Katholiken, vor dem im vergangenen Monat Ex-Tagesschausprecherin Eva Herman über ihre umstrittenen familienpolitischen Thesen sprechen durfte.